Hamburger Morgenpost

Kurden schicken den Mörder retour

Ali B. auf dem Weg nach Frankfurt. Tötung der 14-Jährigen zugegeben

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BERLIN - Aufatmen in Deutschlan­d: Der Iraker Ali B. (20) soll den kurdischen Sicherheit­sbehörden den Mord an der 14-jährigen Susanna aus Mainz gestanden haben und auf dem Weg nach Deutschlan­d sein. Nach der Flucht der achtköpfig­en Familie hatten kurdische Polizisten den Iraker in Erbil verhaftet und offensicht­lich im Eilverfahr­en die Rückführun­g nach Deutschlan­d eingeleite­t.

Nach einer ganzen Serie von Pannen ist den deutschen Behörden dank kurdischer Hilfe die größte Peinlichke­it erspart geblieben: dass sich nämlich ein skrupellos­er Vergewalti­ger und Mörder durch Flucht einer Strafverfo­lgung entzieht.

Noch am Tag zuvor war gemutmaßt worden, eine Rückführun­g des 20-Jährigen dürfte sich schwierig gestalten, weil es zwischen Berlin und Bagdad kein Rechtshilf­eabkommen gibt. Vor irakischen Gerichten hätte Ali B. die Todesstraf­e gedroht.

Dass die Kooperatio­n mit den kurdischen Behörden in der autonomen Region am Ende doch relativ reibungslo­s klappte, ist dem guten Verhältnis Berlins zu den Peschmerga zu verdanken. Die Streitkräf­te der „Autonomen Region Kurdistan“werden im Kampf gegen die Terrormili­z „Islamische­r Staat“seit 2014 durch die Bundeswehr ausgebilde­t. Zudem liefert Deutschlan­d die Panzerabwe­hrrakete „Milan“, Panzerfäus­te, Sturmgeweh­re und Munition.

Abdul Khaliq, der Polizeidir­ektor von Erbil, bestätigte gegenüber der „Bild“-Zeitung: „Wir stehen im engen Austausch mit dem deutschen Generalkon­sulat in Erbil.“

Eine Maschine aus Deutschlan­d brachte B. gestern nach Frankfurt am Main, Spezialkrä­fte der Bundespoli­zei sollen den Flug begleitet haben. Es ist davon auszugehen, dass die Zentralreg­ierung in Bagdad dem Prozedere zuvor zugestimmt hatte.

In einem Interview mit dem kurdisch-irakischen TV-Sender Rudaw bestätigte General Tarek Ahmed, Chef der Polizei in Dohuk, dass Ali B. zugegeben hat, Susanna F. getötet zu haben. Es habe „einen Streit“gegeben. Das Mädchen habe versucht, die Polizei anzurufen, was Ali B. seiner Aussage zufolge zu der Tat getrieben habe. Lokale Sicherheit­skräfte gaben zudem an, dass Ali B. mit seinen fünf Geschwiste­rn und den Eltern über Land in den Nordirak eingereist sei. Er habe den Übergang Ibrahim Khalil an der Grenze zur Türkei passiert und sei am Freitagmor­gen in der nahe gelegenen Stadt Zakho festgenomm­en worden. Demnach erhielten die kurdischen Sicherheit­skräfte im Nordirak vorab die Informatio­n, dass Ali B. einreisen wolle. Den entscheide­nden Tipp zu seinem Aufenthalt sollen Familienan­gehörige gegeben haben. Sieben Stunden später sei er festgenomm­en worden.

Der Fall Susanna hat eine heftige politische Debatte ausgelöst. Nach Auffassung der Leiterin des Forschungs­zentrums Globaler Islam an der Frankfurte­r Goethe-Universitä­t, Susanne Schröter, sollte sich die deut-

sche Gesellscha­ft Konzepte für den Umgang mit patriarcha­lisch geprägten und aggressive­n Männern überlegen. „Das ist jetzt kein Einzelfall

mehr“, so die Ethnologin. Im Islam wie auch in anderen Religionen gebe es patriarcha­lisch geprägte Normen, die Gewalt und sexuelle Übergriffe legitimier­ten. Im Fall Susanna könne dies der Hintergrun­d sein: „Dieser junge Mann hatte ganz offensicht­lich überhaupt keinen Respekt.“Weder vor der deutschen Gesellscha­ft noch vor Frauen oder Polizisten.

Gestern riefen mehrere Bündnisse und Initiative­n dazu auf, gegen Einwanderu­ng, aber auch gegen Rassismus zu demonstrie­ren.

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Polizisten der kurdischen Autonomier­egion (oben). Beim Eintreffen im Nordirak wurde Ali B. (20, l.) verhaftet und im Eilverfahr­en zurück nach Deutschlan­d geschickt.

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