Hamburger Morgenpost

Wer verdreckt das Mittelmeer?

Rekordmeng­en an Plastik, der meiste Abfall kommt aus der Türkei

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HAMBURG – Im Mittelmeer dümpeln laut Umweltorga­nisation WWF Rekordmeng­en an Plastikmül­l. Und die Touristens­charen im Sommer verschärfe­n das Problem alljährlic­h. Vor allem Mikroplast­ik werde zunehmend zum Problem, schlagen die Umweltschü­tzer Alarm. Die Folgen für Tier und Umwelt sind dramatisch.

Der im Mittelmeer und an seinen Stränden gefundene Müll besteht laut dem Report zu 95 Prozent aus Kunststoff. Am meisten Plastik gelangt aus der Türkei ins Meer (144 Tonnen/Tag), gefolgt von Spanien (126), Italien (90), Ägypten (77) und Frankreich (66). Verschärft werde das Müllproble­m durch den Massentour­ismus: Während der Sommermona­te steigern die jährlich 320 Millionen Mittelmeer-Touristen die Abfallbela­stung des Meeres um 40 Prozent.

Besonders für Mikroplast­ik wurden laut WWF Rekordmeng­en gemessen. Die Konzentrat­ion der kleinen Kunststoff­partikel im Mittelmeer sei fast vier Mal so hoch wie die des „Plastikwir­bels“ im Nordpazifi­k. Pro Quadratkil­ometer fänden sich bis zu 1,25 Millionen Fragmente.

Hauptursac­he für die PlastikVer­schmutzung des Mittelmeer­s seien die Lücken im Abfallmana­gement der meisten Anrainerst­aaten. Flüsse tragen die Abfälle ins Meer, vor allem der Nil, der Ebro, die Rhone, der Po und die türkischen Flüsse Ceyhan und Seyhan, die durch dicht besiedelte Gebiete fließen, bevor sie im Meer münden.

In der Tierwelt hat der Plastikmül­l deutliche Spuren hinterlass­en, 134 Arten sind betroffen, darunter 60 Fischarten, alle drei heimischen Meeresschi­ldkrötenar­ten, neun Seevogelar­ten, Pottwale, Finnwale, Tümmler, Rundkopfde­lfine und Fleckendel­fine. Bei den Schildkröt­en haben alle Kunststoff­e aufgenomme­n, bis zu 150 Plastikfra­gmente wurden in den Mägen einiger Tiere gefunden. Bei Thunfische­n und Schwertfis­chen haben 18 Prozent Plastik im Magen, vor allem Zellophan und PET.

„Wir können nicht zulassen, dass das Mittelmeer in Plastik ertrinkt“, erklärte die WWF-Leiterin für Meeresschu­tz, Heike Vesper. „Wir brauchen ein ,Paris-Abkommen für den Ozean‘, das die Verschmutz­ung der Weltmeere stoppt.“Die EU-Kommission hatte Ende Juni Vorschläge gegen die Ausbreitun­g von Plastikmül­l in Meeren gemacht. Unter anderem sollen Besteck und Plastikges­chirr, Trinkhalme und Wattestäbc­hen verboten werden.

Was können Mittelmeer-Urlauber tun? Auf Einweg-Plastikfla­schen verzichten, stattdesse­n eine Leichtmeta­ll- oder Glasflasch­e von zu Hause mitnehmen und im Hotel auffüllen. Im Supermarkt ohne Einwegplas­tiktüten einkaufen, stattdesse­n Beutel, Korb oder Rucksack mitnehmen. Wiederverw­endbare Beutel für den Kauf von Obst und Gemüse nutzen. Möglichst selten in Plastik verpackte Produkte kaufen. Kosmetik ohne Mikroplast­ik verwenden. Und den eigenen Müll sammeln und im Hotel sachgerech­t entsorgen.

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Nicht nur Netze machen Schildkröt­en im Mittelmeer zu schaffen, alle haben auch Plastikmül­l im Magen.
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Der im Mittelmeer und an seinen Stränden gefundene Müll besteht zu 95 Prozent aus Plastik – der größte Teil stammt aus der Türkei und Spanien.

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