Hamburger Morgenpost

Beobachter: Erdogan will die

Atomare Fantasien des Autokraten. Kurz nach Wahl nukleare Aufsichtsb­ehörde gegründet

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ANKARA - Innenpolit­isch repressiv, außenpolit­isch aggressiv: Kürzer lässt sich die politische Charakteri­stik der Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan nicht beschreibe­n. Im Osten des eigenen Landes, in Syrien und im Irak führt der Autokrat einen „Anti-Terrorkrie­g“, wie er den Kampf gegen die Kurden nennt. Viele seiner Nachbarn – Griechenla­nd und Armenien zum Beispiel – fühlen sich zudem bedroht. Und selbst mit seinem neuen Verbündete­n Russland wäre es vor drei Jahren beinahe zum Krieg gekommen – ein Horrorszen­ario, angesichts der zweitgrößt­en NATO-Armee mit 400 000 Soldaten.

Doch der Autokrat will mehr – ist der regierungs­kritische türkische Journalist Abdullah Bozkurt, Präsident des Stockholme­r Centers for Freedom, schon lange überzeugt: „Er will die Atombombe.“Was dafür spricht: Knapp eine Woche nach der Präsidents­chaftswahl erließ Erdogan am 2. Juli einen Gesetzesen­twurf zur Gründung einer Nuklearen Aufsichtsb­ehörde (Nükleer Düzenleme Kurumu, kurz NDK), wie die deutsche „Huffington Post“berichtet. Bereits mehrmals stellte Erdogan öffentlich die Bindung seines Landes an den Atomwaffen­sperrvertr­ag infrage. Ebenfalls drückte er die Bereitscha­ft seiner Regierung aus, zusätzlich­e Waffensyst­eme zu erwerben und den militärisc­h-industriel­len Komplex der Türkei auszubauen. Bereits im Sommer 2017 sprachen einflussre­iche Berater des Präsidente­n und regierungs­nahe Kleriker immer wieder von der Atombombe. Mit Russland und Japan gebe es zudem Abkommen zur Errichtung von zwei Atomkraftw­erken. Details über diese seien nicht be-

kannt, was Beobachter verdächtig finden.

Aykan Erdemir, TürkeiExpe­rte vom US-Thinktank Foundation for Defense of Democracie­s, ist skeptisch. Seiner Meinung nach „hat Erdogan ein starkes Verlangen, die Türkei zu einer Atommacht zu machen, aber nicht die Kapazität.“Erdemir zur „Huffington Post“: „Der Türkei fehlt es an finanziell­en Mitteln und Personal für so ein kostspieli­ges und hochtechno­logischen Projekt.“

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 ??  ?? Wirtschaft­lich schwach, militärisc­h stark: Die Türkei unter Erdogan
Wirtschaft­lich schwach, militärisc­h stark: Die Türkei unter Erdogan

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