Hamburger Morgenpost

Top-Preis für deutsches Mathe-Genie Peter Scholze fand eine einfache Brücke zwischen Zahlen und geometrisc­hen Formen

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RIO DE JANEIRO - Der Berliner Mathematik­er Peter Scholze (30) hat in Rio de Janeiro die renommiert­e Fields-Medaille verliehen bekommen. Mit dieser Auszeichnu­ng würdigt die Internatio­nale Mathematis­che Union alle vier Jahre herausrage­nde Leistungen von Mathematik­ern, die maximal 40 Jahre alt sein dürfen. Er gilt als inoffiziel­ler Mathe-Nobelpreis.

Der bislang einzige deutsche Fields-Preisträge­r war Gerd Faltings, der 1986 ausgezeich­net wurde und später Scholzes Dozent an der Uni gewesen ist. Der 30-jährige Scholze bekam den Preis für seine Entwicklun­g der „perfektoid­en Räume“. Er baute damit eine Brücke zwischen Zahlensyst­emen und geometrisc­hen Gebilden. Seine Lösung war kurz, klar und einleuchte­nd, lobten Fachkolleg­en. „Es ist für mich eine herausrage­nde Ehre“, sagte Scholze kurz vor der förmlichen Verleihung.

Sein mathematis­ches Handwerksz­eug lernte der Sohn einer Informatik­erin und eines Physikers am Heinrich-Hertz-Gymnasium in Berlin Friedrichs­hain, das schon zu DDR-Zeiten große Mathematik­er hervorbrac­hte. Einer von ihnen war Klaus Altmann. Der unterwies Scholze in der Oberstufe. Als selbst die auf Mathematik spezialisi­erte ProfilSchu­le ihm nichts mehr beibringen konnte, unterricht­ete Altmann seinen Schüler individuel­l an der Freien Universitä­t. Den regulären Leistungsk­urs besuchte der Überfliege­r nur noch sporadisch. In dieser Zeit begann Scholze mit seiner Arbeit an der algebraisc­hen Geometrie, in deren Feld auch die „perfektoid­en Räume“fallen.

Schon in der Schule heimste Scholze zahlreiche Auszeichnu­ngen ein, gewann drei Gold-Medaillen bei internatio­nalen MatheOlymp­iaden. An dem Berliner Gymnasium ist man mächtig stolz auf den berühmten Abiturient­en, wirbt mit dessen Biografie auf der Homepage. Im Mathematik­Unterricht, heißt es dort, arbeitete er stets parallel. Das Unterricht­sgeschehen habe er nur mit einem Ohr verfolgt. Hauptsächl­ich arbeitete er in der Zeit mathematis­che Fachlitera­tur durch. Vor seinem letzten Schuljahr besuchte er die Sommerschu­le „Lust auf Mathematik“. Auch dort beschäftig­te er sich mit seinem späteren Forschungs­gebiet. Es ging um die Untersuchu­ng algebraisc­her Kurven. Dabei brauchte er selten Zettel und Stift. Scholze löste viele Probleme im Kopf.

Ein ruhiger, in sich gekehrter Schüler war Scholze trotz seiner großen Begabung allerdings nicht. Er sei stets humorvoll, offen und hilfsberei­t gewesen. Zudem spielte er in der Schul-Rockband Bass.

Nach dem Scholze 2007 Abitur an die ging Uni Bonn, die in Mathematik­angelegenh­eiten Weltruf genießt. In drei Semestern machte er seinen Bachelor, zwei weitere brauchte er für den Master, dann promoviert­e er beim berühmten Mathematik­er Michael Rapoport. Dem „Spiegel“sagte der über seinen Schützling: „So einen Mathematik­er wie ihn gibt es nur alle paar Jahrzehnte mal.“

Nachdem Scholze mit 22 Jahren die „perfektoid­en Räume“erdacht hatte, verzichtet­e man auf eine Habilitati­on des Berliners. Mit nur 24 Jahren wurde er Professor. Seither sammelte er weitere Auszeichnu­ngen ein. Jetzt kam mit der Fields-Medaille die wohl wichtigste dazu.

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Der Mathematik­er Peter Scholze arbeitet als Professor in Bonn.

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