Brauner Terror und Hass im TV
Experten loben Matthias Brandts düster-brutalen Krimi
Blutige Gewalt ohne Ende, Gruppenvergewaltigung, Mord – und jede Menge rechtsradikaler Sprüche! Der gestrige „Polizeiruf“mit Matthias Brandt (56) alias „Hanns von Meuffels“zeigte erschreckend realistisch auf, wozu rechte Dumpfbacken fähig sein können – wenn der Verfassungsschutz sie auch noch (mit legalen „Ermittlungsmethoden“) aufrüstet. Der NSU-Skandal lässt grüßen. Und nicht nur deswegen sind Macher wie Experten sich einig: Diese Krimi-Gefahr ist real.
Damit erreicht ausgerechnet Kanzler-Sohn Brandt die politische Relevanz, die dem Sonntagskrimi zuletzt eher abging. „Wir wollten Fragen auslösen, die jeder Zuschauer für sich selbst beantworten muss“, sagt Regisseur über den Film. Das haben sie geschafft. Vor allem eine: Kann das, was die Macher als „Gespenst der Freiheit“betiteln, in Deutschland auch nach dem NSUProzess wirklich passieren?
„An der Struktur des Verfassungsschutzes hat sich noch immer nichts geändert, im Gegenteil“, erklärt Thies Marsen, Experte für Rechtsextremismus. Dubiose Verfassungsschützer wie im Film gebe es auch im echten Leben zur Genüge.
Nur ein Beispiel, das publik wurde: Der Beamte des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz war beim letzten rassistischen Mord des NSU zur Tatzeit am Tatort, einem Internetcafé in Kassel. Dort wo die Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Jahr 2006 Halit Yozgat (21) mit zwei Kopfschüssen töteten. Temme war als Zeuge im NSU-Prozess geladen.
Doch das hat laut Doris Dierbach, Anwältin der Familie Yozgat, die Wahrheitsfindung nicht weitergebracht: „Nach unserer festen Überzeugung hat er nicht die Wahrheit gesagt, sondern hat sich hinter irgendwelchen ausgedachten Geschichten versteckt und dafür auch volle Rückendeckung vom Thüringer Landesamt für Verfassung bekommen“, sagt sie.
Können also die Organe, die uns eigentlich beschützen sollen, Morde möglich machen? Im Film passierte das, denn der Verfassungsschützer (beängstigend gespielt von Joachim Król) besorgte dem Mörder erst die Waffe. „Wir leben in wahnsinnigen Zeiten“, betont „Polizeiruf“-Produzent Michael Polle. „Die Verrohung von Teilen der Gesellschaft gegenüber menschlichen Schicksalen und der offene blanke Hass, der daraus erwächst, sind salonfähig geworden. Der Druck auf den Rechtsstaat steigt durch die explodierende Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten. Doch wie weit dürfen Staatsbedienstete für die Verhinderung einer Straftat gehen? Wie weit die moralischen Grenzen gebeugt werden?“
Er gibt sich die Antwort selbst: „Dieses System nimmt Straftaten billigend in Kauf.“