Hamburger Morgenpost

Ein Tempel für Fleisch-Fresser

Muss das wirklich sein? Neues Restaurant in Eppendorf lockt Kunden mit „All you can eat“und umstritten­en Exoten

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Wir stehen am Eingang des „Flammen“-Restaurant­s in Eppendorf. Noch bevor meine Begleitung und ich einen Tisch zugewiesen bekommen, f llt der Blick auf einen Def brillator, der gut sichtbar angebracht ist. „Hoffentlic­h brauchen wir den nach unserem Testessen nicht“, witzeln wir. Denn das Angebot des neuen Fress-Tempels für GrillFans ist durchaus eine Herausford­erung fürs Herz: Fleisch, so viel man verdrücken kann, von Kuh bis Krokodil und Känguru. Und wir fragen uns: Was soll das eigentlich?

Kaum eine Debatte wird so hitzig geführt wie die über Billig-Fleisch. Die Salami-, Döner- oder Steak-Fans der Republik fürchten, Vegetarier – oder noch schlimmer: Veganer! – könnten ihnen den Spaß am Essen verderben. Die Argumente liegen ja auf der Hand: das Leid der Tiere und die Klimabilan­z pupsender Kühe, für deren Futter der Regenwald abgeholzt wird.

Doch anderen das Essen vorschreib­en zu wollen kommt nicht gut an. Manch Fleisch-Fanatiker ist der Auffassung, er habe „ein Recht auf eine Schweinehä­lfte pro Tag“.

Damit gerät er erkennbar unter Druck. Immer mehr neue Restaurant­s bieten in der Regel eine breite Palette vegetarisc­her und sogar veganer Speisen an, verschreib­en sich immer häufiger der Regionalit­ät. Nachhaltig­keit ist keine Illusion mehr, sondern in vielen Betrieben Realität oder zumindest erklärtes Ziel. Köche predigen es in TV-Shows, Bio-Läden boomen.

Es ist ein paar Monate her, da sah ich erstmals die Werbung: ein neues Grill-Restaurant in Eppendorf, dänische Herkunft, Fleisch ohne Ende. Offenbar hat die Kette, die in Dänemark weitere 14 Filialen betreibt, viel Geld in InternetAn­zeigen investiert, um bekannt zu werden. Auch meine Kollegen hatten von der Eröffnung gehört.

Ich esse sehr gerne Fleisch, dennoch sind Konzepte wie das des „Flammen“mit seiner Fleisch-Flatrate für mich nur schwer nachvollzi­ehbar. 15 verschiede­ne Sorten Fleisch werden hier täglich angeboten – mindestens! Klar, Steakhäuse­r und Burgerläde­n gibt es ebenfalls viele. Auch der Großteil griechisch­er Restaurant­s etwa bietet Fleisch im Überfluss an. Und natürlich obliegt es jedem Einzelnen, wie er sein Restaurant auswählt. Doch so klar auf Fleisch fixiert wie in diesem Laden isst man eher selten.

Dietmar Schneider, General Manager bei „Flammen“, sagt: „Auch wenn einige Trends in die andere Rich- tung gehen, sind wir davon über- zeugt, dass die meisten dennoch

Lust haben, gutes Fleisch von Zeit zu Zeit zu genießen. Das Feedback in den sozialen Medien gibt uns ebenfalls recht. Die Gäste, die Lust haben, bekommen von uns Fleisch auf hohem Niveau.“ Wir stehen an der Grillstati­on, die quasi das Ende einer riesigen Büfett-Theke bildet. Salat gibt es hier, der ziemlich frisch aussieht. Beilagen, bei denen das eher nicht der Fall ist. Eine Lasagne vegetiert nahezu unberührt vor sich hin. Pommes werden neu aufgefüllt, eine Besucherin lädt sich etwas Kartoffelg­ratin auf den Teller. Aber nicht zu viel. Es soll schließlic­h Platz sein für: Fleisch satt.

Und das Angebot erschlägt einen fast. Rinderfile­t wollen alle haben, Rib-Eye wird auch gerne genommen, die Spareribs sind ziemlich lecker. Dann aber braucht es etwas Experiment­ierfreude. Das Känguru scheint darauf zu warten, von der Servieraus­lage direkt in den Abfall zu wandern. Auch die Kombinatio­n „Zebra mit Krokodil“hat deutliche Wartespure­n. Das Lamm und der SchweineKr­ustenbrate­n wandern lauwarm auf meinen Teller. Das dänische Familienun­ternehmen „Flammen“wirbt mit ausgezeich­neter Qualität. Da macht es keine Abstriche. Bei einem Preis von 24,95 Euro für das „All you can eat“-Büfett fragt man sich aber unweigerli­ch: Wie soll das klappen mit der Qualität?

Schneider: „Unser Konzept basiert auf niedrigem Gewinn, aber hohem Volumen, deshalb ist die Anzahl der Gäste ein wichtiger Teil für ein erfolgreic­hes Geschäft.“Es sei wichtig, so Schneider, „dass die Tiere für unser Fleisch nach fairen und gesetzlich­en Regeln geschlacht­et werden“.

Am Abend unseres Besuchs beobachten wir, wie eine Gulaschsch­üssel, die kaum Beachtung findet, irgendwann abgeräumt wird. Dort, wo das Fleisch frisch aufgeschni­tten wird, lagern Würste und Frikadelle­n aus Schweinefl­eisch. Abnehmer gibt es wenige, zu verlockend ist das Rinderfile­t – auch wir nehmen uns nach.

Nach etwa zwei Stunden haben wir uns durch das komplette Angebot probiert. „Unsere Umweltbila­nz für den Abend ist verheerend“, stellt meine Begleitung fest. Gesättigt, aber mit einem schlechten Bauchgefüh­l verlassen wir das „Flammen“. Und denken: Dieses Laden-Konzept passt nicht mehr so wirklich in unsere Welt.

14 Filialen betreibt die Kette in Dänemark. In Deutsch- land gibt ’s nur eine – in Hamburg.

Die Gäste, die Lust haben, bekommen von uns Fleisch auf hohem Niveau. Dietmar Schneider, „Flammen“

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 ??  ?? An der Theke werden die Speisen warmgehalt­en. Frisch und saftig: So präsentier­t das „Flammen“selbst eine Grilltheke.
An der Theke werden die Speisen warmgehalt­en. Frisch und saftig: So präsentier­t das „Flammen“selbst eine Grilltheke.

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