Hamburger Morgenpost

Ex-Guantánamo-Insasse verkauft jetzt Süßes

Zwölf Jahre Haft ohne Anklage, vor vier Jahren nach Uruguay entlassen. Nun eröffnete der Syrer Ahmed Ahjam dort einen Laden

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MONTEVIDEO - Zwölf Jahre lang saß er als angebliche­r Terrorist im US-Lager Guantánamo auf Kuba fest. Ohne echten Grund, ohne Anklage. Doch heute ist ein bisschen Süße in das Leben des Syrers Ahmed Ahjam gekommen. In seiner neuen Heimat, im südamerika­nischen Uruguay, hat der 41-Jährige einen kleinen Verkaufsst­and eröffnet, an dem er arabische Leckereien anbietet.

Maamoul-Kekse und Baklava verbreiten ihren süßen, orientalis­chen Duft in der Markthalle von Montevideo, sorgfältig verpackt Ahmed Ahjam die Köstlichke­iten als Geschenk in Zellophan und verteilt sie als kostenlose Proben an seine Unterstütz­er, an lokale Beamte und natürlich potenziell­e Kunden.

Eine Stadtentwi­cklungsage­ntur half ihm, den Stand auf dem Mercado Agricola, einem historisch­en Markt mit fast 100 Geschäften, zu öffnen. „Ahmed Ahjam. Arabische Gastronomi­e“steht über seinem Stand in großen Lettern geschriebe­n. „Vielen Dank an alle Uruguayer, die mir helfen. Ich werde hart arbeiten, um diesen Traum zu erfüllen“, sagte Ahmed Ahjam lächelnd, als er das Band während der Eröffnung durch Montevideo­s Bürgermeis­ter Daniel Martinez durchschni­tt.

Ahjam war einer von sechs ehemaligen Guantánamo-Häftlingen (vier Syrer, ein Palästinen­ser und ein Tunesier), die 2014 von Uruguay aufgenomme­n wurden, nachdem die USBehörden entschiede­n hatten, dass sie keine Bedrohung darstellen, aber nicht in ihre Heimatländ­er geschickt werden können. Alle waren als mutmaßlich­e Kämpfer mit Verbindung­en zu Al-Kaida inhaftiert, wurden aber nie angeklagt.

Zwölf Jahre hatte Ahmed in Guantánamo eingesesse­n, und wie den anderen fünf Häftlingen fällt es ihm nicht leicht, sich in Uruguay anzupassen. Die Regierung hatte den Männern in einem im südamerika­nischen Land hitzig debattiert­en Hilfsprogr­amm rund 420 US-Dollar pro Monat sowie ihre Miete gezahlt, ihnen ein Job- und Sprachtrai­ning angeboten. Die Hilfe wird Ende dieses Jahres auslaufen.

Aber der ehemalige Juwelier aus Syrien hat gelernt, Süßigkeite­n wie Baklava mit Rezepten seiner Schwestern zu backen, und verdiente Geld damit, die Süßigkeite­n auf Messen und privaten Veranstalt­ungen zu verkaufen. Von den Einnahmen kaufte er sich eine Registrier­kasse und andere Werkzeuge, die er für sein erstes eigenes Geschäft brauchte. Dank seines Verkaufsst­andes ist er der einzige der sechs ExGefangen­en, dem es gelungen ist, in Uruguay (3,2 Millionen Einwohner) einen regulären Arbeitspla­tz zu finden.

„Ich bin sehr beeindruck­t, dass jemand, der so bescheiden ist, dies erreicht hat“, sagt Edison Mourino, ein Nachbar von Ahmed. „Und ich bin beeindruck­t von der Offenheit Uruguays, dies zuzulassen.“

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Ahmed Ah am verteilt an seinem Stand ratis Proben seiner süßen Leckereien. Ein Kistchen mit Ma’moul einem arabischen Grieß ebäck das der S rer anbietet

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