Zu Fuß auf den Spuren von Lawrence von Arabien
Jordanien begeistert durch sagenhafte Landschaften und ein Weltwunder
Mit Kaffee fängt alles an. Ein schlichtendes Gespräch, der Besuch von Freunden oder das Kennenlernen der zukünftigen Braut. Das tiefschwarze Getränk spielt überall eine Rolle in Jordanien. Heiß muss er sein und unendlich süß. Und der Kardamon darf auch nicht fehlen. „Quahwa“, wie der Kaffee auf Arabisch heißt, ist auch bei Fadel Al-Baba das erste, was er den Besuchern seines Gewürzladens anbietet. „Salam“, sagt Al-Baba, „erst einmal einen Kaffee“. In seinem kleinen Geschäft riecht es wie in einem Märchen aus 1001 Nacht. Es ist der Duft Jordaniens. Und die Besucher des kleinen Ladens ziehen, berauscht durch die verschiedensten Düfte, weiter durch die Stadt am Roten Meer.
Jordanien zieht jeden in seinen Bann. Selten gab es solch ein Land, in dem gelebte Kultur, Geschichte, Politik und Tradition auf so engem Raum koexistieren. In dem Gastfreundschaft so groß geschrieben wird. 6,7 Millionen Menschen, die ihren König Abdallah II verehren, leben vor allem in der Hauptstadt Amman. Hier sind Vergangenheit und Moderne dicht miteinander verwoben. In den hektischen Gassen der Souks sprudelt das Leben, es wird gefeilscht und gelacht und verkauft. Frische Datteln und Nüsse, Oliven, Gemüse und sogar ganze Schafsköpfe wandern von den Händlern in die Taschen der Käufer. Immer wieder schallen die Gesänge des Muezzin über die Dächer der Stadt.
„Dana“ist das Wort, das die nächsten vier Tage dominiert. Es bezeichnet einerseits ein aus dem 15. Jahrhundert stammendes Dorf, andererseits den gleichnamigen Nationalpark – das mit 320 Quadratkilometern größte Naturschutzgebiet des Landes. Der Weg hinunter ist steinig. Durch eine unfassbare Stille geht es durch das Tal – vorbei an Oleanderbüschen mit pinken Blüten, blaugrünen Kapernbü-
schen, Grashüpfern und Eidechsen. 37 Säugetierarten, rund 700 Pflanzenarten und 200 Vogelarten sind hier beheimatet. Nach 20 Kilometern ist das Wüstencamp erreicht. Das Abendessen kommt aus der Erde, denn das Beduinische Erdgrillen, genannt Zarb, ist hier Tradition. Hierfür garen Fleisch und Gemüse stundenlang auf glühenden Kohlen in einem Loch im Wüstenboden.
Ein neuer Tag: Die Schlucht von Petra ist eng, und im Schatten ist es kühl. Ein erhabenes Gefühl, hier auf diesem Weg zu gehen, den vor 2.000 Jahren die Nabatäer gegangen sind. Der Beduinenstamm ließ sich im 6. Jahrhundert vor Christus dort nieder und beherrschte über Jahrhunderte die Handelsrouten der alten arabischen Welt. Die Ruinen von Petra, heute Weltkulturerbe der UNESCO und siebtes neues Weltwunder, lässt nur erahnen, welch prachtvolle Stadt dieses fleißige, arabische Volk in den roten Stein gemeißelt hat. Petra macht sprachlos. Vielleicht ist es diese Stille an diesem Ort. Vielleicht sind es die vielen tausend Jahre Geschichte. Irgendetwas weht durch diese Schluchten und trägt alle Gedanken fort.
Das nächste Highlight steht an: „Weitläufig, einsam und gottähnlich“, so beschrieb Lawrence von Arabien den Wadi Rum. Und genauso fühlt es sich an. Drei Tage lang geht es zu Fuß durch die Wüstenlandschaft. Die rote Wüste diente schon als Filmkulisse für den Blockbuster „Der Marsianer“. Hier spielte Matt Damon einen gestrandeten Raumfahrer auf dem Mars. Auch Sequenzen von „Transformers“wurden hier gedreht. Der britische Offizier Thomas Edward Lawrence war hier während der Arabischen Revolte von 1917 bis 1918 stationiert. Als „Lawrence von Arabien“ging er in die Geschichte ein.
Um den Wadi Rum zu bewahren, ernannte die UNESCO das Gebiet 2011 zum Weltnaturerbe. Der Wadi Rum ist aber nicht nur Wüste, menschenleer und voller Sand. Er ist ein Labyrinth monolithischer Felslandschaften, die sich aus dem Wüstensand von zerklüfteten Schluchten bis zum höchsten Berg des Landes, dem 1.854 Meter hohen Jebel Um ad-Dhami, erstreckt.
Es endet, wie es begonnen hat: Vor dem Abflug gibt es noch eine Tasse tiefschwarzen, süßen Kaffee. Das ist der Geschmack Jordaniens, der Geschmack der heißen weiten Wüste.
Das ist der Geschmack, an den man sich erinnern will in nasskalten Tagen in Deutschland...
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