Hamburger Morgenpost

Angriff der Miethaie

Vergraulen, sanieren, abkassiere­n: Internatio­nale Investoren wie ,,Akelius" treiben die Mieten in Hamburg immer weiter nach oben.

- MIKE SCHLINK mike.schlink@mopo.de

Können Sie sich eine Mietwohnun­g für 30 Euro den Quadratmet­er leisten? Nein? Dann geht es Ihnen wie dem Großteil der Hamburger. Und doch finden sich im Netz immer häufiger Inserate mit exorbitant­en Preisen – besonders dann, wenn der Vermieter „Akelius“heißt.

Der Immobilien-Gigant aus Schweden hat sich in Hamburg und anderen Großstädte­n längst einen Namen gemacht. Aber keinen guten Ruf. Und das liegt am Geschäftsm­odell. „Akelius“selbst bezeichnet sich als Weltmarktf­ührer im Aufwerten von Wohnungen. Konkret bedeutet das: Verdrängun­g durch Luxussanie­rung!

Das läuft in der Regel wie folgt: Das Unternehme­n kauft schlichte, etwas in die Jahre gekommene Wohngebäud­e auf, saniert die Fassade – und schlägt einen Teil der Kosten auf die Miete um. Wer sich seine Wohnung dadurch nicht mehr leisten kann, muss ausziehen. Die leeren Wohnungen werden dann modernisie­rt – und für ein Vielfaches der ursprüngli­chen Miete wieder auf den Markt gebracht.

„Dieses Unternehme­n hat nicht das Thema Wohnen im Blick, sondern einzig und allein die Profitopti­mierung“, sagt Siegmund Chychla, Chef vom Mietervere­in zu Hamburg. In einer Stadt wie Hamburg, wo die Wohnungsno­t groß ist, würde „Akelius“„alles kaufen, was es zu kaufen gibt“, weil es selbst für die teuersten Wohnungen Abnehmer geben würde.

Rund 4400 Wohnungen besitzt „Akelius“in Hamburg. Neuvermiet­ungen unter 18 Euro pro Quadratmet­er gibt es kaum – damit liegen die Wohnungen in der Regel mehr als 50 Prozent über dem Mietenspie­gel.

In Szeneviert­eln wie St. Georg betragen die Quadratmet­erpreise gut und gerne sogar an die 30 Euro. So wird eine modernisie­rte Ein-Zimmer-Wohnung (21 Quadratmet­er) an der Rostocker Straße aktuell für 600 Euro Kaltmiete angeboten.

Vor diesem Geschäftsm­odell fürchten sich inzwischen auch viele Mieter an der Wrangelstr­aße. Im April hat „Akelius“dort drei Wohnhäuser von einem privaten Eigentümer übernommen – seitdem gibt’s Zoff.

Mieter berichten, dass eine Wohnung ohne Rechtsgrun­dlage geräumt wurde. „Akelius“bestreitet das. Die Situation ist angespannt. Um die Wogen zu glätten, gab es vergangene Woche sogar ein klärendes Krisengesp­räch, begleitet durch eine BannerAkti­on.

Doch die Angst bleibt. „Durch die Neuvermiet­ungen nach Modernisie­rung werden ganze Hausgemein­schaften gespalten“, sagt Michael Wetzel, Sprecher der Mieterinit­iative an der Wrangelstr­aße. Neumieter, die das Mehrfache an Miete zahlen, hätten oft andere Ansprüche und einen ganz anderen Lebensstil als Altmieter, die sich das nicht leisten könnten. Gentrifizi­erung, sagt er, fange „genauso an“.

An anderen Orten läuft

diese bereits. Am Neuen Pferdemark­t etwa hat „Akelius“längst mehrere Straßenzüg­e im Portfolio, die Beckstraße ist quasi zum Privatweg geworden – und das Publikum ändert sich.

„Ich fühle mich bedroht“, sagt Christina Zeh von der Initiative „Pro Wohnen Ottensen“. Sie fürchtet vor allem um ihr soziales Umfeld. „Wenn ich hier einmal auszie- hen muss, werde ich wegen der Mietpreise nichts mehr in der Nähe finden, weit wegziehen müssen“, sagt sie.

Seit acht Jahren ist „Akelius“ihr Vermieter, seit acht Jahren fühle sie sich als Mieterin „nicht gewollt“. So schildert sie, dass Altmieter oft im Stich gelassen werden. Wenn Mängel auftauchen, Reparature­n nötig sind, sei bei „Akelius“niemand erreichbar.

Auch der Senat sieht den schwedisch­en Immobilien­Riesen kritisch. Auf Nachfrage, wie man das Geschäftsm­odell von „Akelius“bewertet, heißt es aus der Stadtentwi­cklungsbeh­örde: „Wir nutzen in Hamburg die politische­n und gesetzlich­en Instrument­e, um solchen Investoren wenig Möglichkei­ten zu geben, auf den Mietmarkt zu drängen.“Doch wie soll das funktionie­ren?

Eine Sprecherin verweist auf die elf sozialen Erhaltungs­verordnung­en, die gemeinsam mit der Umwandlung­sverordnun­g in Hamburg 190 000 Bewohner vor Luxusmoder­nisierunge­n schützen. Auch die neue Mietpreisb­remse würde ihren Beitrag dazu leisten. Zudem würden die städtische SAGA und die Genossensc­haften mit je 132 000 Wohnungen dafür sorgen, dass der Markt für ausländisc­he Investoren gering ist.

„Akelius“selbst kann den Wirbel um sein Gebaren nicht verstehen. „Die derzeitige­n Preisentwi­cklungen auf den Wohnungsmä­rkten sind eine Folge des zu geringen Wohnungsan­gebots in wachsenden Städten und gleichzeit­ig unbefriedi­genden gesetzlich­en Regelungen“, sagt die Hamburg-Niederlass­ungsleiter­in Stefanie Schulke. Weder das Wohnungsan­gebot noch die Gesetzgebu­ng könne das Unternehme­n beeinfluss­en.

Schulke verweist zudem auf die soziale Verantwort­ung des Unternehme­ns. So hätte sich „Akelius“selbst mieterfreu­ndliche Regelungen gegeben: Laut Gesetz könnte „Akelius“zum Beispiel bei Modernisie­rungen elf Prozent der Investitio­nskosten umlegen – eine Regelung, die auch auf Bundeseben­e für Diskussion­en sorgt. „Wir beschränke­n uns aber auf einen Maximalbet­rag von 100 Euro“, so Schulke. Das sei mieterfreu­ndlicher als alle derzeit diskutiert­en Ansätze mit Absenkunge­n auf sechs Prozent der Investitio­nskosten.

Darüber hinaus fördere „Akelius“diverse soziale Projekte, stelle unentgeltl­ich Räume für Hilfebedür­ftige zur Verfügung und sei der größte Einzelspen­der für SOS-Kinderdörf­er. Viel Engagement, um das Image eines „Miet-Hais“loszuwerde­n.

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Das Mietshaus Wrangelstr­aße 105. Es ist eins von drei Gebäuden in der Straße, die von „Akelius“gekauft wurden. 690 Euro für 21 Quadratmet­er: Vor allem in angesagten Stadtteile­n wie St. Georg langt „Akelius“ordentlich zu. Mieter in der Wrangelstr­aße halten ein Protest-Banner hoch. Ihr Haus gehört jetzt „Akelius“, es gab bereits ein Krisengesp­räch.
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Siegmund Chych- la, Mietervere­in

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