Angriff der Miethaie
Vergraulen, sanieren, abkassieren: Internationale Investoren wie ,,Akelius" treiben die Mieten in Hamburg immer weiter nach oben.
Können Sie sich eine Mietwohnung für 30 Euro den Quadratmeter leisten? Nein? Dann geht es Ihnen wie dem Großteil der Hamburger. Und doch finden sich im Netz immer häufiger Inserate mit exorbitanten Preisen – besonders dann, wenn der Vermieter „Akelius“heißt.
Der Immobilien-Gigant aus Schweden hat sich in Hamburg und anderen Großstädten längst einen Namen gemacht. Aber keinen guten Ruf. Und das liegt am Geschäftsmodell. „Akelius“selbst bezeichnet sich als Weltmarktführer im Aufwerten von Wohnungen. Konkret bedeutet das: Verdrängung durch Luxussanierung!
Das läuft in der Regel wie folgt: Das Unternehmen kauft schlichte, etwas in die Jahre gekommene Wohngebäude auf, saniert die Fassade – und schlägt einen Teil der Kosten auf die Miete um. Wer sich seine Wohnung dadurch nicht mehr leisten kann, muss ausziehen. Die leeren Wohnungen werden dann modernisiert – und für ein Vielfaches der ursprünglichen Miete wieder auf den Markt gebracht.
„Dieses Unternehmen hat nicht das Thema Wohnen im Blick, sondern einzig und allein die Profitoptimierung“, sagt Siegmund Chychla, Chef vom Mieterverein zu Hamburg. In einer Stadt wie Hamburg, wo die Wohnungsnot groß ist, würde „Akelius“„alles kaufen, was es zu kaufen gibt“, weil es selbst für die teuersten Wohnungen Abnehmer geben würde.
Rund 4400 Wohnungen besitzt „Akelius“in Hamburg. Neuvermietungen unter 18 Euro pro Quadratmeter gibt es kaum – damit liegen die Wohnungen in der Regel mehr als 50 Prozent über dem Mietenspiegel.
In Szenevierteln wie St. Georg betragen die Quadratmeterpreise gut und gerne sogar an die 30 Euro. So wird eine modernisierte Ein-Zimmer-Wohnung (21 Quadratmeter) an der Rostocker Straße aktuell für 600 Euro Kaltmiete angeboten.
Vor diesem Geschäftsmodell fürchten sich inzwischen auch viele Mieter an der Wrangelstraße. Im April hat „Akelius“dort drei Wohnhäuser von einem privaten Eigentümer übernommen – seitdem gibt’s Zoff.
Mieter berichten, dass eine Wohnung ohne Rechtsgrundlage geräumt wurde. „Akelius“bestreitet das. Die Situation ist angespannt. Um die Wogen zu glätten, gab es vergangene Woche sogar ein klärendes Krisengespräch, begleitet durch eine BannerAktion.
Doch die Angst bleibt. „Durch die Neuvermietungen nach Modernisierung werden ganze Hausgemeinschaften gespalten“, sagt Michael Wetzel, Sprecher der Mieterinitiative an der Wrangelstraße. Neumieter, die das Mehrfache an Miete zahlen, hätten oft andere Ansprüche und einen ganz anderen Lebensstil als Altmieter, die sich das nicht leisten könnten. Gentrifizierung, sagt er, fange „genauso an“.
An anderen Orten läuft
diese bereits. Am Neuen Pferdemarkt etwa hat „Akelius“längst mehrere Straßenzüge im Portfolio, die Beckstraße ist quasi zum Privatweg geworden – und das Publikum ändert sich.
„Ich fühle mich bedroht“, sagt Christina Zeh von der Initiative „Pro Wohnen Ottensen“. Sie fürchtet vor allem um ihr soziales Umfeld. „Wenn ich hier einmal auszie- hen muss, werde ich wegen der Mietpreise nichts mehr in der Nähe finden, weit wegziehen müssen“, sagt sie.
Seit acht Jahren ist „Akelius“ihr Vermieter, seit acht Jahren fühle sie sich als Mieterin „nicht gewollt“. So schildert sie, dass Altmieter oft im Stich gelassen werden. Wenn Mängel auftauchen, Reparaturen nötig sind, sei bei „Akelius“niemand erreichbar.
Auch der Senat sieht den schwedischen ImmobilienRiesen kritisch. Auf Nachfrage, wie man das Geschäftsmodell von „Akelius“bewertet, heißt es aus der Stadtentwicklungsbehörde: „Wir nutzen in Hamburg die politischen und gesetzlichen Instrumente, um solchen Investoren wenig Möglichkeiten zu geben, auf den Mietmarkt zu drängen.“Doch wie soll das funktionieren?
Eine Sprecherin verweist auf die elf sozialen Erhaltungsverordnungen, die gemeinsam mit der Umwandlungsverordnung in Hamburg 190 000 Bewohner vor Luxusmodernisierungen schützen. Auch die neue Mietpreisbremse würde ihren Beitrag dazu leisten. Zudem würden die städtische SAGA und die Genossenschaften mit je 132 000 Wohnungen dafür sorgen, dass der Markt für ausländische Investoren gering ist.
„Akelius“selbst kann den Wirbel um sein Gebaren nicht verstehen. „Die derzeitigen Preisentwicklungen auf den Wohnungsmärkten sind eine Folge des zu geringen Wohnungsangebots in wachsenden Städten und gleichzeitig unbefriedigenden gesetzlichen Regelungen“, sagt die Hamburg-Niederlassungsleiterin Stefanie Schulke. Weder das Wohnungsangebot noch die Gesetzgebung könne das Unternehmen beeinflussen.
Schulke verweist zudem auf die soziale Verantwortung des Unternehmens. So hätte sich „Akelius“selbst mieterfreundliche Regelungen gegeben: Laut Gesetz könnte „Akelius“zum Beispiel bei Modernisierungen elf Prozent der Investitionskosten umlegen – eine Regelung, die auch auf Bundesebene für Diskussionen sorgt. „Wir beschränken uns aber auf einen Maximalbetrag von 100 Euro“, so Schulke. Das sei mieterfreundlicher als alle derzeit diskutierten Ansätze mit Absenkungen auf sechs Prozent der Investitionskosten.
Darüber hinaus fördere „Akelius“diverse soziale Projekte, stelle unentgeltlich Räume für Hilfebedürftige zur Verfügung und sei der größte Einzelspender für SOS-Kinderdörfer. Viel Engagement, um das Image eines „Miet-Hais“loszuwerden.