St. Pauli bleibt die Schießbude
Kiezkicker machen in Aue die alten Fehler, kassieren drei Gegentore und dritte Liga-Pleite in Serie
Wer hat noch nicht, wer will noch mal?! Entgegen aller Beteuerungen hat der FC St.Pauli seine Schießbude weiterhin geöffnet, verlor beim bis gestern sieglosen FC Erzgebirge Aue verdient mit 1:3 (1:2) und taumelt so langsam dem Vorjahresniveau entgegen – und in Richtung Keller. Die Glocken läuten auf dem Kiez. Nicht die Hells Bells, sondern diejenigen, die Alarm im Verzug melden. „Natürlich ist das so, wir warten jetzt seit einem Monat auf einen Sieg“, konstatierte Robin Himmelmann, derweil er auf dem Fernseher in der Mixed Zone kopfschüttelnd alle Gegentore noch einmal präsentiert bekam. „Für den guten Start können wir uns jetzt gar nichts mehr kaufen.“
Das gesamte Defensivverhalten war abermals bisweilen eine Vollkatastrophe. „Das Spiel hat die Antwort auf die Frage gegeben, was in der Länderspielpause nicht erfolgt ist“, grantelte Sportchef Uwe Stöver.
Kompaktheit hatte St. Pauli wieder erlangen wollen nach dem 3:5 gegen Köln und insgesamt zwölf Gegentreffern in drei Partien, stattdessen schlossen die Gäste ihr Scheunentor schon nach elf Minuten wieder sperrangelweit auf. Nach einem Ballverlust von Veerman, seines Zeichens Stürmer in vorderster Front, fand sich niemand, der sich dem Auer Kempe in den Weg stellte. Nach dessen Pass scheiterte Iyoha an Himmelmann, den Abpraller drückte Kempe zum 1:0 über die Linie. „Wir laufen als Auswärtsmannschaft nach zehn Minuten in einen Konter – mehr muss man gar nicht sagen“, befand Himmelmann ernüchtert.
Der relativ prompte Ausgleich durch Veerman, der einen Knoll-Freistoß per Kopf versenkte (16.), sah es kurzzeitig so aus, als würde St. Pauli die verunsicherten Hausherren im Griff haben. Doch ein Traumtor von Testroet, der die Murmel völlig unbedrängt in Ruhe annehmen, zurecht legen und in den Knick wuchten konnte (31.), war alles wieder dahin. „Momentan geht aber auch jeder Kunstschuss in den Winkel“, klagte Philipp Ziereis, fügte aber zurecht an: „Wir sind ja selber schuld!“
Durchgang zwei brachte nach Umstellung vom 4-2-3-1 auf ein 3-5-2 zunächst mehr Zugriff, eine echte Chance auf den Ausgleich hatten die Hamburger allerdings nicht. Stattdessen stellte Hochscheidt nach 75 Minuten auf 3:1 – Schicht im Schacht.
„Wir geben dem Gegner gerade Räume, die zum Toreschießen einladen“, klagte Markus Kauczinski. Ein Problem, das der Coach eigentlich in den 14 Tagen seit dem Köln-Spiel hatte beheben wollen. Gelungen ist ihm das nicht. „Sehr unbefriedigend“, stöhnte Johannes Flum, Sportchef Stöver
beklagte zudem gestern den Verlust von Tugenden, „auf die wir uns eingeschworen haben: sich gegenseitig coachen, sich pushen, das haben wir vermissen lassen“.
Ein gefühlter Rückschritt also, diese Niederlage bei einem Gegner, der saisonübergreifend neun Partien sieglos war, im bisherigen Serienverlauf genauso viele Tore erzielt hatte wie gestern in einer Begegnung und der seit einem Jahr zu Hause keine drei Buden mehr geknipst hatte. Und jetzt geht’s für St. Pauli nach Ingolstadt, das gestern in Bochum ein halbes Dutzend Gegentreffer kassierte und weit hinter den Erwartungen zurückhängt. „Klar wollen wir da die Weichen in die richtige Richtung stellen“, sagte Robin Himmelmann. „Aber das war auch der Plan für Aue.“Zuversicht klingt anders …