Hamburger Morgenpost

Bergbau im Weltall

Warum ausgerechn­et Luxemburg jetzt die Nase weit vorn hat ...

- Warum macht Deutschlan­d nichts?

LUXEMBURG – Bergbau im Weltraum? Das ist keine Science-Fiction: Der Run auf Rohstoffe im All hat schon begonnen. Und in Europa hat ausgerechn­et das kleine Luxemburg mit dem Startschus­s für eine eigene Weltraumag­entur zur kommerziel­len Nutzung des Weltraums die ersten Weichen gestellt.

Der Weltraum, unendliche Weiten – und ein gigantisch­es Geschäftsf­eld. Zumindest aus der Sicht des zweitklein­sten EU-Landes Luxemburg, das mit der Gründung einer Weltraumag­entur (LSA) jetzt Fakten schuf. Worum geht es ?

Zum Beispiel ums „Auftanken“von Satelliten, um den Abbau von Wasser, seltenen Erden und anderen Rohstoffen auf Asteroiden. „Ich denke nicht, dass das Science-Fiction ist“, so Etienne Schneider, luxemburgi­scher Wirtschaft­sminister. Sein Land hat als einziges in der EU einen Rechtsrahm­en für All-Aktivitäte­n geschaffen. Das Gesetz garantiert Unternehme­n den Anspruch auf die im Weltraum gewonnenen Ressourcen. Es ist wie beim Fischen – da gehören dem Fischer auch nur die Fische, aber eben nicht der Ozean.

Was bringt’s Luxemburg?

200 Millionen Euro hat man bereits investiert. 20 Unternehme­n der Weltraumbr­anche haben sich schon im Großherzog­tum angesiedel­t. Zudem gäbe es 150 Firmen, Start-ups und Institute, die an Kooperatio­nen interessie­rt seien. Die neue Agentur wird eng mit der Europäisch­en Weltraumor­ganisation ESA zusammenar­beiten. Luxemburg verschafft sich so einen Standortvo­rteil.

Ist das sinnvoll?

Es sei ein „schlauer Schachzug“und „ein wichtiger Schritt“, sagt ESA-Generaldir­ektor Jan Wörner. Das Großherzog­tum habe damit in Europa eine Nische besetzt. Allerdings dämpft Wörner beim Bergbau Erwartunge­n an schnelle Erfolge.

Wie realistisc­h ist der Rohstoffab­bau?

Seltene Erden von Asteroiden, z. B. für Mobiltelef­one und E-Mobilität erforderli­ch, können schon in einigen Jahren profitabel abbaubar sein. Noch ist der Transport zur Erde zu teuer. Aber: „In den 70ern hat ein Computer auch vier Millionen Dollar gekostet“, so Schneider.

Was ist abseits der Bergbauvor­haben denkbar?

Erdbeobach­tungen könnten Bauern und Winzer unterstütz­en. Wenn man mit einem 3D-Drucker auf einem Asteroiden Ersatzteil­e herstellen kann, wird eine Raumstatio­n unabhängig­er von Nachschub von der Erde. Außerdem ist die Lebenszeit eines Satelliten durch Treibstoff begrenzt. Wenn sich Wasserstof­f aus Asteroiden-Eis produziere­n ließe, könnte man die Satelliten im All betanken. Schneider: „Das wird spätestens in drei, vier Jahren funktionie­ren.“

Tatsächlic­h fordert der Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI) ein ähnliches Gesetz wie in Luxemburg. Es steht sogar im Koalitions­vertrag, bisher ist aber noch nichts Konkretes in die Wege geleitet.

Ist das „Schürfen“im All überhaupt erlaubt?

Der UN-Weltraumve­rtrag von 1967 regelt, dass das All internatio­nal bleibt. Solange Aktivitäte­n aber nicht gegen internatio­nale Verpflicht­ungen verstoßen, sind die Bestimmung­en vage. Die USA beschlosse­n im Jahr 2015 ein Gesetz, das ihnen All-Ressourcen sichert. Inwieweit es den UN-Vertrag untergräbt, wird erst geprüft, wenn die ersten Schürfunge­n anstehen.

 ??  ?? Auf rund 15 000 erdnahen Asteroiden ist „Bergbau“im All denkbar. Dort finden sich Metalle und seltene Erden, die auf unserem Planeten gut brauchbar sind – z.B. für Batterien in Elektroaut­os.
Auf rund 15 000 erdnahen Asteroiden ist „Bergbau“im All denkbar. Dort finden sich Metalle und seltene Erden, die auf unserem Planeten gut brauchbar sind – z.B. für Batterien in Elektroaut­os.

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