Versuchter „Ehrenmord“vor Gericht
Bruder, Ehemann und Eltern angeklagt
RAVENSBURG - Nur mit Glück überlebte die heute 18-jährige Alaa W. diesen Angriff. Ihr Ehemann und ihr Bruder fielen über sie her, stachen mit einem Messer auf sie ein. Jetzt stehen die beiden Männer wegen Mordverdachts vor Gericht.
Mit 15 Jahren wurde Alaa W., die Tochter palästinensischer Eltern, die aus dem Libanon nach Deutschland kamen, bereits nach islamischem Recht mit dem 17 Jahre älteren Syrer Alla R. verheiratet. Doch sie wollte ein eigenes Leben führen. Im Februar dieses Jahres hatte sie bereits seit einiger Zeit einen neuen Freund, war von ihm schwanger und wollte, sobald sie 18 werden würden, mit ihm zusammenziehen. Noch lebte sie mit ihren Eltern und Alla R., von dem sie sich eigentlich schon getrennt hatte, in Laupheim bei Biberach.
Im Februar eskalierte die Situation. Ihr Bruder Abd W. (20), ihr Ehemann und ihre Eltern hatten die damals 17Jährige zu sich gerufen, um sie zur Rede zu stellen. Schon da waren Abd W. und Alla R. mit Brotmessern bewaffnet. Nachdem sie die junge Frau beschimpften, stach erst der Ehemann zu, dann der Bruder. Sie schnitten ihr die Mundwinkel auf und stachen immer wieder in die Brust des Mädchens. Dabei wurden sie von den Eltern ihres Opfers angestachelt. Abd W. drehte während seiner Gewalttat mehrere Videos, die er an den Liebhaber seiner Schwester schickte.
Als Bruder und Ehemann endlich von Alaa W. abließen, f üchteten sie. Der Vater der Jugendlichen setzte einen Notruf ab. Das wird den Eltern positiv ausgelegt. Auch sie stehen vor Gericht – wegen gefährlicher Körperverletzung und eben nicht wegen Mordversuchs. Die Anklage geht davon aus, dass das Motiv eine vermeintlich „beschmutzte Familienehre“gewesen sei.
Die eintreffenden Sanitäter konnten das Leben der jungen Frau und ihres ungeborenen Kindes retten. Die f üchtigen Täter wurden in einem Zug am Bahnhof in Schweinfurt festnehmen. Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Ravensburg äußerte sich gestern keiner der Angeklagten zu den Vorwürfen.