Hamburger Morgenpost

Pfadfinder­in in Zeiten von Social Media? Gerne doch!

Warum wir junge Menschen gut ohne Handy und Internet auskommen

- Aufgezeich­net von Kristian Meyer

Erstens: Ich bin 20. Klischees: Die Generation hängt nur am Smartphone, zieht sich den ganzen Tag auf Social-Media-Kanälen Schminktip­ps rein und netf ixt, anstatt sich mit Freunden zu treffen. Zweitens: Ich bin Pfadf nderin. Stammesfüh­rerin und Gruppenlei­terin sogar. Das heißt, ich bin direkt verantwort­lich für acht Mädels im Alter von zwölf, dreizehn Jahren. Klischees: jeden Tag eine gute Tat, Fähnlein Fieselschw­eif, speckige Lederhosen. Der Witz ist: An all den Klischees ist etwas dran.

Bei mir, meiner Mitleiteri­n Finell, bei meinen kleinen Sipplingen. Und trotzdem bringen wir diese beiden Welten ohne Mühe zusammen. Was wir aber in dieser vermeintli­ch nerdigen Pfadfinder-Welt lernen: dass echte Gemeinscha­ft durch keinen InternetHy­pe zu ersetzen ist. Warum das so ist und warum ich jedem Leser unbedingt empfehlen würde, das Smartphone einfach mal vier Wochen zu Hause zu lassen, das will ich Ihnen gerne erzählen.

Vergangene­n Sommer, der Fluss Czarna Hancza in Polen. Wir sind mit Kanus unterwegs. Eben noch zog die Landschaft im Sonnensche­in an uns vorbei, da zieht es plötzlich zu. Wir halten lieber an einem kleinen Holzsteg, offenbar Privatbesi­tz. Da fängt es an, ohne Ende zu schütten. „Dürfen wir drin im Haus fragen, ob sie uns reinlassen“, fragen die Mädels, warten die Antwort kaum ab und pesen schon los. Als Finell und ich oben im Haus ankommen, sitzen die Mädchen schon am Kamin, in Decken eingehüllt, Tee, Blaubeeren und Schinken vor sich.

Mit dem polnischen Ehepaar verständig­t man sich zwar eher mit Händen und Füßen, aber man kommt sich auf eine Art näher, die es in einem „normalen“Urlaub vielleicht nicht gäbe. Am selben Tag paddeln wir weiter. Einige Kilometer weiter steht – unser Ehepaar! Sie winken uns wild zum Flussufer. Und haben uns dort eine Hütte gemietet mit riesiger Sauna, Küche und allem Drum und Dran. In dieser Geschichte steckt schon sehr viel von dem, was unser „Hobby“so besonders macht. Es ist zum einen die beschriebe­ne Begegnung mit Menschen aus aller Welt, die man bei einem Airbnb-Aufenthalt so nicht erlebt. Und dann das Bewusstsei­n, dass man – auch schon in jungen Jahren – ganz schön viel schaffen kann.

Eher bei den Eltern als den Kleinen ist auch das Handy manchmal Thema. Um Kontakt zu halten. Wir haben zwar eines für den Notfall dabei, aber ansonsten bleiben sie für die zwei, drei, vier Wochen, die wir unterwegs sind, zu Hause! Und vermisst habe ich es noch nie. Auch meine Sipplinge sagen immer: Es ist so schön abzuschalt­en! Man ist für ein paar Wochen in einer komplett eigenen, autonomen Welt. Lebt in den Tag hinein, baut morgens das Zelt ab, wandert und quatscht, abends sucht man sich einen Platz, sucht Wasser, Feuerholz, kocht und singt oder liest vor – Sehnsucht nach Handy oder Rechner? Nie! Höchstens mal nach einem weichen Bett oder der Lieblingsp­izza.

Und wie macht ihr Fotos? Das mag mancher jetzt einwenden. Meistens nehmen wir einen Fotoappara­t mit. Die Bilder schauen wir uns aber immer erst zu Hause in gedruckter Form an. Im Moment leben – das ist uns wichtiger als Selfies mit Instagram-Filter vor Bergkuliss­e.

In der Mitte unserer Fahrten richten wir – für den Kontakt zu den Eltern – immer eine Briefstati­on ein. Da sind dann auch die Eltern mal wieder gefragt, einen echten Brief zu schreiben, mit Bildern, Fotos vielleicht. Und sie bekommen die Nachricht ihrer Kinder, dass alles schon gut läuft. Denn: Was man vor allem anderen bei uns lernt, das ist Verantwort­ung zu übernehmen. Klar, anfangs machen das die Gruppenlei­ter, aber später wird Schritt für Schritt Verantwort­ung übertragen. „Kocht ihr mal heute!“, heißt es dann zu den Kleinen. Beim ersten Mal muss man vielleicht noch nicht so dolles Essen ertragen, aber sehr bald können sie das dann.

Und irgendwann steht man da und denkt: „Wow! Sie können das Zelt selbst auf auen und kriegen in kürzester Zeit ein Feuer hochgezoge­n!“– das sind unfassbar schöne Momente. Und am Ende der gemeinsame­n Jahre sind alle Beteiligte­n an der Verantwort­ung gewachsen, sind selbststän­diger, kennen halb Europa, haben sich SurvivalSk­ills angeeignet, aber eben auch ganz alltagspra­ktische Dinge wie eben kochen. Und das alles ganz ohne irgendwelc­he YouTube-Tutorials.

Was vielleicht noch entscheide­nder ist: Wir schließen niemanden aus, erziehen die Kinder zur Offenheit. Als christlich­er Bund spielt Religion schon eine Rolle bei uns, aber dennoch sind wirklich alle bei uns willkommen und auch vertreten, seit einiger Zeit gibt es bei manchen offene Gruppenstu­nden, in denen gef üchtete Kinder

aus der nahen Unterkunft vorbeikomm­en. Und alle sind gleich viel wert. Das drückt sich in unserer einheitlic­hen Kluft aus – niemand übertrumpf­t andere mit besonders teurer Markenklei­dung. Un

Fahrt nicht leisten ka unterstütz­t. Überhau Pfadfinder­ei ein gün

Hobby – jeder zahlt 1 ro im Jahr, die Hälfte gespendet, vergang

Jahr an Viva con Agu

Das Alleraller­wic te aber: Das ist das Ge schaftsgef­ühl. Meine M und ich, wir sind ein sind wie Schwester egal wie schwierig d vielleicht manchmal Probleme in der Sch milie oder sonst wo gi mer etwas, auf das d kannst. Du wächst in schaft, veränderst dic eben mehr als ein H Lebenseins­tellung, d mer prägen wird. Auc in Social Media & C etwas bekommst du n ten, lebendigen Gem

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Neben den Fahrten veranstalt­en die Pfadfinder auch größere Lager, hier das Pfingstlag­er 2011 vom „Bund Christlich­er Gemeindepf­adfinder e.V.“.

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