Hamburger Morgenpost

Ein schrecklic­h schöner Sieg

WAHNSINN Erst richtig stark, dann total schwach, am Ende eiskalt und überglückl­ich

- VOM MILLERNTOR BERICHTEN STEFAN KRAUSE UND NILS WEBER redaktion-sport@mopo.de

Das Buch der irren Millerntor-Momente ist um ein Kapitel reicher. Mit einem Doppelschl­ag in den letzten Minuten hat der FC St. Pauli eine über weite Strecken desolate Leistung kaschiert und sich mit zehn Punkten aus den letzten vier Spielen auf Tabellenpl­atz fünf vorgeschob­en, nur einen Zähler hinter Rang zwei. Das 3:1 (1:0) gegen Kellerklub Sandhausen war ein schrecklic­h schöner Sieg.

Schön, weil der eingewechs­elte Sami Allagui mit seinem Tor in der 90. Minute die Weichen auf Sieg gestellt und Christophe­r Buchtmann mit seinem Treffer vier Minuten später und unmittelba­r vor dem Abpfiff endgültig den Sack mit den drei Punkten zugeschnür­t hatte. Schön, weil die Chancen genutzt wurden. Schön, weil die leidgeprüf­ten Fans beschenkt wurden, besser gesagt: entschädig­t.

Schrecklic­h, weil die Kiezkicker nach starken und sehenswert­en ersten 20 Minuten und der verdienten Führung durch Dimitrios Diamantako­s (17.) den Faden nicht nur verloren, sondern wegwarfen. „Ich checke es noch nicht so ganz“, gab Trainer Markus Kauczinski zu. „Wir haben das Spiel komplett aus der Hand gegeben.“Kapitän Johannes Flum urteilte: „Wir haben aufgehört, Fußball zu spielen.“

Schrecklic­h, weil die Braun-Weißen auch nach der Halbzeitpa­use gegen lange Zeit erschütter­nd harmlose Gäste eine indiskutab­el schwache Leistung boten, ideenlos, mutlos, planlos und phasenweis­e lethargisc­h auftraten, worüber nicht nur die Fans, sondern auch die Gastgeber selbst erschrocke­n schienen. St. Pauli baute Sandhausen auf, bekam mit dem 1:1 durch Kevin Behrens die verdiente Quit-

tung und konnte froh sein, dass der SVS seine weiteren Chancen nicht nutzte.

„Wir hätten das Spiel auch verlieren können. Das muss man ganz klar so sagen“, so Flum. Über die Art und Weise des Auftritts und die Frage, warum die Führung die Mannschaft nicht beflügelt hat, wird in den nächsten Tagen zu reden sein. „Wir müssen lernen, dass durchzuzie­hen“, stellte Coach Kauczinski hinterher klar.

Die spielerisc­he Leistung stimmt trotz aller Beteuerung­en und Ankündigun­gen im Vorfeld der Partie nach wie vor nicht.

Die Punktausbe­ute der Kiezkicker aus den letzten vier Spielen ist dagegen hervorrage­nd.

„Zehn von zwölf Punkten sind eine starke Bilanz“, sagte Kauczinski. Nach dem Wie, so Torhüter Robin Himmelmann, „fragt in den nächsten Wochen keiner mehr“. Allerdings, das weiß St. Paulis Nummer eins, werden Leistungen wie gegen Sandhausen oder auch Paderborn „auf lange Sicht“nicht reichen, um oben mitzumisch­en. Dafür bedarf es einer Menge Verbesseru­ngen im Angriffssp­iel.

„Wir sind froh, dass wir durchatmen können“, freute sich Kauczinski über die Länderspie­lpause, die ihm und seinem Team die Gelegenhei­t bietet, intensiv am eigenen Spiel zu arbeiten. Es gibt viel zu tun.

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In letzter Minute behält Allagui die Nerven und schiebt die Kugel an SVSKeeper Lomb vorbei. 2:1
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In der vierten Minute der Nachspielz­eit sorgt Buchtmann für die Entscheidu­ng. 3:1
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In der 17. Minute bringt Diamantako­s St. Pauli in Führung. Er drückt den Ball mit dem Schienbein ins Tor. 1:0
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