Hamburger Morgenpost

Für Diesel-Fahrer wirdes immer schwerer

FAHRVERBOT­E nun auch in Berlin. SPD fordert Konsequenz­en für Auto- Industrie. Streit in EU um CO2 -Grenzwerte für Neuwagen. GroKo bremst

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BERLIN/LUXEMBURG - Nun hat es auch die Hauptstadt erwischt! Das Verwaltung­sgericht Berlin hat mehrere Streckensp­errungen für ältere Dieselfahr­zeuge verhängt. Während es für Diesel-Besitzer also immer ungemütlic­her wird, verteidigt die Bundesregi­erung weiter die Interessen der Autoindust­rie – beispielsw­eise bei der EU, wo um niedrigere Kohlendiox­idStandard­s für Neuwagen gerungen wird.

Neben Städten wie Hamburg, Frankfurt oder Stuttgart gelten künftig auch in Berlin elf kleinere Fahrverbot­szonen für Diesel der Schadstoff­klasse Euro 5 oder älter. Das hat das Verwaltung­sgericht der Hauptstadt entschiede­n. Bereits Anfang 2019 könnte es so weit sein.

Die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) hat neben Berlin knapp drei Dutzend weitere Städte verklagt. Ihr Ziel: eine Reduzierun­g der Stickstoff­dioxid-Belastung. Das gesundheit­sschädlich­e Gas wird besonders aus Dieselmoto­ren ausgestoße­n. Ursprüngli­ch wollte DUH-Geschäftsf­ührer Jürgen Resch ein Fahrverbot für die gesamte Berliner Innenstadt. Diesen Antrag hat die DUH aber zurückgezo­gen – das Gericht wollte sich darauf nicht einlassen.

Die Frage ist nun, wie die Entscheidu­ng den Kurs der Regierung in der Dieselkris­e beeinfluss­t. Um Fahrverbot­e zu verhindern, hatte sich die GroKo auf verschiede­ne Maßnahmen wie Kaufanreiz­e für Neuwagen oder Nachrüstun­gen geeinigt. Sören Bartol, SPD-Fraktions-Vize, stichelte bereits: „Das Urteil zeigt erneut: Fahrverbot­e sind eine reale Gefahr. Kanzlerin und Verkehrsmi­nister müssen den Druck auf die Auto-Bosse erhöhen. Wir brauchen konkrete Zusagen der Industrie.“

Unterdesse­n hat der Diesel-Skandal nun auch den Bundesgeri­chtshof (BGH) erreicht. Das oberste Gericht wird sich am 9. Januar 2019 erstmals mit der Frage beschäftig­en, ob bei einem vom Abgasskand­al betroffene­n Skoda-Diesel (mit bereits entfernter SchummelSo­ftware) eine Minderung des Kaufpreise­s wegen eines Sachmangel­s gerechtfer­tigt ist. Entscheide­n die Richter für die Verbrauche­r, könnte es für die Autoindust­rie teuer werden.

Wie schwer sich vor allem die Bundesregi­erung damit tut etwas zu unterstütz­en, was der Autoindust­rie wehtun könnte, war gestern in Luxemburg zu beobachten. Dort versuchten sich die EUUmweltmi­nister auf strengere Kohlendiox­id-Grenz-

werte für Neuwagen bis 2030 festzulege­n.

Aber vor allem die Bundesregi­erung in Person von Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) kämpft für eine maximale Reduzierun­g von 30 Prozent gegenüber den Werten von 2020. Viele Länder in der EU und das Europaparl­ament verlangen mindestens 40 Prozent. Schulze: „Ich persönlich halte eine Reduzierun­g von 30 Prozent auch nicht für ausreichen­d. Aber ich muss und werde die Position der gesamten Bundesregi­erung vertreten.“

Die Entscheidu­ng ist für die Autoindust­rie von großer Bedeutung. Hintergrun­d: Es geht um die Durchschni­ttswerte der Gesamtflot­te eines Hersteller­s. Je strenger die Vorgaben aus Brüssel, desto größer die Notwendigk­eit, viele Autos ohne Emissionen zu verkaufen, z.B. Elektroaut­os. Die Bundesregi­erung argumentie­rt, es könnten Jobs verloren gehen, sollte der Umstieg auf neue Antriebe zu schnell vollzogen werden.

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Umweltschü­tzer gestern vor dem Verwaltung­sgericht in Berlin
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Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilf­e

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