Die Todes-Flut von Mallorca
Sintflutartiger Regen. Auch Touristen unter den Opfern auf der Urlaubsinsel. Noch immer viele Vermisste
PALMA - Ein verheerendes Unwetter mit sintflutartigem Regen hat auf Mallorca mindestens neun Menschen getötet. Wassermassen verwandelten Straßen in reißende Flüsse. Unter den Todesopfern seien zwei britische Urlauber, so ein Sprecher der Guardia Civil. Sechs Menschen würden nach dem schweren Unwetter vom Dienstagabend noch vermisst und gesucht, hieß es.
„Was ich hier heute gesehen habe, das ist schlimmer als Krieg. Es ist eine Katastrophe“, zitierte das „Mallorca Magazin“den Deutschen Thomas Wenzel, der seit mehr als 20 Jahren in dem vom Unwetter besonders betroffenen Sant Llorenç im Osten Mallorcas wohnt. Innerhalb von nur zwei Stunden stürzten dort am Dienstagabend nach Angaben des Wetterdienstes rund 233 Liter Wasser pro Quadratmeter vom Himmel. Zum Vergleich: Im gesamten vergangenen Jahr sind in Deutschland im Schnitt 850 Liter heruntergegangen.
Dramatische Szenen gab es vor allem in der 8000Einwohner-Gemeinde Sant Llorenç des Cardassar rund 60 Kilometer östlich der Hauptstadt Palma, wo es mehrere Tote gab. Dort trat ein Sturzbach über die Ufer. Zahlreiche Autos wurden davon mitgerissen und Häuser unter Wasser gesetzt. Bewohner versuchten verzweifelt, das Wasser mit Eimern aus ihren Häusern zu schippen. Zwar gab es eine Unwetterwarnung für die betroffenen Gebiete – die kam aber viel zu spät!
Betroffene erzählten von dramatischen Augenblicken: Rentner Manuel Torescussa wurde von den Wassermassen in der Nähe von Sant Llorenç in seinem Auto erwischt. „Ich konnte gerade noch aus einem Fenster klettern und musste dann 500 Meter schwimmen“, erzählte er. Javier Martínez klagte, sein Haus sei nun voller Wasser, Schlamm und Müll. „Ich habe alles verloren. Ich habe nur den Pyjama, den ich trage.“
Sieben Landstraßen waren am Mittwochnachmittag noch unbefahrbar, einige Ortschaften ohne Stromund Wasserversorgung und von der Außenwelt weitgehend abgeschnitten. Überall entwurzelte Bäume, heruntergerissene Stromleitungen und Verkehrsschilder, zerstörte Häuser und Felder. Wasser und Schlamm, umgekippte und aufeinandergetürmte Fahrzeuge.
Die zwei Briten starben in S’Illot in dem Ort Son Servera an der Ostküste, als sie im Taxi von den Fluten überrascht wurden. Der Taxifahrer werde vermisst. In Sant Llorenç starb der frühere Artá-Bürgermeister Rafel Gili (71), der als junger Mann zehn Jahre in Deutschland gewohnt hatte und dort Tennislehrer gewesen war.
Eine Frau und ein 83-Jähriger wurden in ihren Häusern in Sant Llorenç von den Wassermassen überrascht. Ihre Leichen wurden in der Nacht geborgen. Weitere Tote seien in S’Illot, Artà und Sant Llorenç entdeckt worden, teilte der Notdienst mit. Die Rettungskräfte suchten nach weiteren Opfern. Deutsche waren nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht unter den Toten und Vermissten.