Im Krisenmodus
MÜNCHEN - Um drei Sekunden nach 18 Uhr knallt es laut im bayerischen Landtag. Im Saal der Grünen-Fraktion explodieren Konfetti-Kanonen. Grüner Glitzerregen rieselt herab, Jubel brandet auf. Aus Musikboxen erklingt laut Queens „Don’t stop me now“.
Die Grünen haben ein historisches Ergebnis eingefahren. Knapp 18 Prozent sind es laut den ersten Hochrechnungen – so viel, wie die aus Sicht der Partei optimistischsten Umfragen vorausgesagt haben und so viel wie die Grünen im Freistaat noch nie hatten. Die Partei ist im neuen Landtag zweitstärkste Kraft hinter der CSU und weit vor Freien Wählern,
Af und SPD.
„Mein Herz hat gehüpft“, beschreibt Spitzenkandidatin Katharina gen. Die Zugezogenen hätten sich das bayerische Wohlgefühl zu eigen gemacht und das sehr wohl mit der CSU verknüpft. Doch was zählen all die wirtschaftlichen Erfolge, wenn sich eine Partei dermaßen destruktiv in Berlin aufführt, wenn sie als politischer Unruhestifter wahrgenommen wird und obendrein als zerstrittene Führungsspitze auftritt. „Die Wähler mögen keinen Dauerstreit in der Regierung und auch nicht innerhalb der Partei“, sagt der Politologe Oskar Niedermayer. Auch dass Seehofer und sein Parteikollege Söder es nicht einmal in den Wochen unmittelbar vor der Wahl geschafft haben, ihre Rivalität im Zaum zu halten, hält er für ein Armutszeugnis. Schulze (33) den Moment, als sie die erste Hochrechnung sieht. In Dunkelgrün gekleidet strahlt sie mit den Sonnenblumen in ihrem Blumenstrauß um die Wette. An ihrer Seite: Kollege Ludwig Hartmann (40), zweiter Teil der Grünen-Doppelspitze.
Schulze, ledig, keine Kinder, ist eindeutig der lautere Part: auf Demonstrationen omnipräsent, in Reden und Debatten kämpferisch und engagiert – so sehr, dass mancher CSU-ler gerne mal die Augen verdreht. Das aber ist Schulze völlig gleich. 2013 erst war sie in den Landtag eingezogen, machte dort eine steile Karriere und stieg über den Innenausschuss 2017 zur Fraktionschefin auf. Sie gilt als f eißige Arbeiterin, die sich leidenschaftlich für ihre Überzeugungen einsetzt, nicht wenige sagen ihr eine große Karriere voraus. Kritiker werfen ihr bisweilen aber eine darauf orientierte Lebensplanung vor.
Hartmann, ledig, ein Kind, stammt aus einer durch und durch grünen Familie und zog 2008 erstmals in den Landtag ein. Dort hat sich der Kommunikationsdesigner einen Namen als Energieexperte gemacht. Er gilt als ehrgeizig und ebenfalls als ein Mann markiger Worte, der, wenn nötig, auch vor Streit nicht zurückschreckt.