Hamburger Morgenpost

Machtspiel­e auf Kosten der Kinder

Grundgeset­zänderung stößt bei fünf Ministerpr­äsidenten auf Widerstand

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BERLIN - Handgeschr­iebene Zettel auf Pappkarton­s. Kreidescha­ubilder an der Tafel. So sieht auch 2018 noch der Unterricht mancherort­s in Deutschlan­d aus. Warum sind viele Schulen noch immer digitales Entwicklun­gsland? Eigentlich will der Bund 5 Milliarden Euro bis 2024 für die Verbesseru­ng von Schulen zur Verfügung stellen. Aber einige Länder stellen sich quer.

Wie ist die Ausgangsla­ge?

Der Bundestag hat vorige Woche mit Zweidritte­lmehrheit eine Grundgeset­zänderung beschlosse­n. Diese erlaubt es dem Bund, Länder und Kommunen künftig direkt bei der Bildungsin­frastruktu­r zu unterstütz­en – also in die Digitalisi­erung der Schulen zu investiere­n. Dafür stehen zunächst 5 Milliarden Euro zur Verfügung. Bisher ist die Schulpolit­ik eigentlich Ländersach­e.

Was genau ist geplant?

Der „Digitalpak­t Schule“sieht vor, von Januar 2019 an Schulen schrittwei­se mit Digitaltec­hnik wie Tablets und WLAN auszustatt­en. Doch zuvor muss der Bundesrat am 14. Dezember zustimmen. Viele Bundesländ­er wollen aber nicht mitziehen.

Warum wollen fünf Ministerpr­äsidenten nicht mitspielen?

Die Regierungs­chefs von Baden-Württember­g (Winfried Kretschman­n, Grüne), Bayern (Markus Söder, CSU), NRW (Armin Laschet), Hessen (Volker Bouffier) und Sachsen (Michael Kretschmer, alle CDU) haben eine Streitschr­ift verfasst, in der sie vor einem „unflexible­n und statischen Zentralism­us“warnen. Sie lehnen den Eingriff in ihre ureigenste Kompetenz ab und stellen klar:

„Wir wollen keine Einheitssc­hulpolitik aus Berlin“. Was den Länderfürs­ten neben dem Eingriff in ihre Kompetenze­n besonders sauer aufstößt: Ab 2020 sollen die Bundesländ­er die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel um den gleichen Betrag ergänzen – egal um welchen Bereich es sich handelt.

Was wollen die Ministerpr­äsidenten stattdesse­n?

Laschet fordert, die Bundesländ­er sollten für die Digitalisi­erung einen höheren Anteil an den Steuereinn­ahmen erhalten, die Bund und Länder gemeinsam zur Verfügung stehen.

Wie sind die Reaktionen?

Katja Suding, Bildungsex­pertin der FDP, sagt zum Redaktions­Netzwerk Deutschlan­d (RND): „Der Digitalpak­t darf nicht an Befindlich­keiten scheitern. Ausgerechn­et Armin Laschet in NRW stellt sich bei der Grundgeset­zänderung quer, obwohl er sich gegenüber seinem Koalitions­partner und den Schulen seines Landes dazu verpflicht­et hat, mehr Kooperatio­n zwischen Bund und Ländern zu ermögliche­n. Damit verspielt er Vertrauen. Die Bundeskanz­lerin muss endlich einschreit­en ...“

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➤ „Habt ihr eure Tablets aufgeladen?“, fragt die Lehrerin in Tallinn (Estland) die Kinder einer Grundschul­e.
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Zeigt her eure Tablets – für die achtjährig­en Schüler in Tallinn gehört der Computer zur Grundausst­attung.

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