Hamburger Morgenpost

Der Kampf um die Zinnwerke

Stadt will neue Nutzung für alte Industrieh­allen – Kreative fürchten Verdrängun­g

- LUCIE WITTENBERG lucie.wittenberg@mop

Alarm im Wilhelmsbu­rger Kreativzen­trum! Die Zinnwerke sollen ein neues und dauerhafte­s Nutzungsko­nzept bekommen, doch die jetzigen Mieter sind besorgt: Ihre Zukunft ist nämlich ungewiss.

Seit sieben Jahren werkeln rund 80 Kreative gegen eine kleine Miete in den historisch­en Industrieh­allen am Veringhof 7, haben dort Büroräume und Studios in Eigenarbei­t erschaffen und organisier­en zudem monatlich einen Flohmarkt, der zum Stadtteilt­reff avancierte.

Das Areal am Kanal ist riesig, neben der ehemaligen Maschinenh­alle gehören noch die dem Abrissbagg­er geweihte „Soulkitche­n“-Halle und weitere Gebäude dazu, die teils leer stehen. Seit Langem will die Stadt die Gegend entwickeln, jetzt ist endlich Geld da. 60 000 Euro bekam die Hamburger Kreativges­ellschaft (HKG) für die Neuplanung.

Das Problem: Plötzlich sollte alles hoppladiho­pp gehen, binnen weniger Wochen sollten Anwohner Ideen einreichen, bei Workshops ein Konzept entwickelt werden. Daraus wird erst mal nichts. Denn in den Zinnwerken sind sie auf Zinne – weil nicht klar ist, ob die jetzigen Mieter, die das Areal überhaupt zum Leben erweckt haben, auch künftig einen Platz hier haben.

Martha Starke (27) und die anderen „Zinnwerker“fordern eine Art Bestandssc­hutz: Nur ihre Ideen in das Projekt einfließen zu lassen, wie es die HKG vorsieht, reiche nicht. Sie wollen eine Garantie, dass sie die Büros und Kreativräu­me weiterhin nutzen können und nicht von solventere­n Mieter verdrängt werden.

Die Zeit drängt: Eigentlich genügt das Gebäude überhaupt nicht den Brandschut­zregeln, sogar der Flohmarkt ist deshalb akut in Gefahr. „Es wollen ja alle, dass etwas passiert auch in Bezug auf den Brandschut­z. Aber in dem kurzen Zeitraum ist das nicht zu machen“, meint Starke, die Chefin eines Designbüro­s ist. „Das Verfahren fühlt sich wie eine Bestrafung für Wilhelmsbu­rg an“, findet Kay Otto (41), Inhaber einer Filmproduk­tionsfirma.

Aufseiten der Stadt sieht man es genau andersrum: Nur mit einer freien Planung könne man an der Stelle das beste Konzept für alle im Stadtteil umsetzen. Die Zinnwerker stören da eher. Bis jetzt ist eine kultur- und kreativwir­tschaftlic­he Nutzung vorgesehen – was mit den Büros passiert, stehe noch nicht fest.

Im Januar soll es jetzt einen zweiten Workshop geben, um ein Konzept für die alten Hallen zu finden.

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Wollen bleiben: Paula Zamora (v.l.), Beate Kapfenberg­er, Andreas Schwarz, Martha Starke und Kay Otto
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Die ehemalige Maschinenh­alle ist Teil der Zinnwerke.
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