St. Paulis treueste
Seit 75 Jahren im Verein. Die frühere Handballerin wird geehrt
Von RONNY GALCZYNSKI
Es wird ein bewegender Moment für sie werden. Heute Abend erhält Lotti Drabner die „Diamantene Ehrennadel“des FC St. Pauli. Eine Auszeichnung, auf die sonst niemand verweisen kann. 75 Jahre Kiezklub. Die 92-jährige frühere Oberschwester, die einst die Handballabteilung mitbegründete, ist St. Paulis treueste Seele.
Kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs hatten sich Lotta Ida Ella Lampe und ein halbes Dutzend Mitschülerinnen der Volksschule am Holstenwall entschlossen, Sport beim FC St. Pauli zu betreiben. Ihr einziger Turnlehrer war gerade zur Wehrmacht eingezogen worden.
Im April 1926 war Lotti in Eimsbüttel geboren worden. Ihre Mutter, die als Matratzennäherin den Lebensunterhalt bestritt, zog sie alleine groß. „Sie war ein sehr lieber Mensch“, sagt Drabner und lächelt. Als sie eingeschult wurde, lebten Mutter und Tochter bereits in der Poolstraße in der Neustadt, nur wenige Gehminuten von Schule und Heiligengeistfeld entfernt. „Uns ging es damals ganz gut, denn wir hatten immer zu essen“, erinnert sich Drabner. Nur die häufigen Umzüge, die nervten die junge Lotti. In der Nähe des Millerntors aber blieb man immer. St. Pauli wurde durch den Sport zum Lebensmittelpunkt.
Erich Mücke wurde erster Trainer und Mentor der Handballerinnen. „Er war für uns wie ein Vater. Einen besseren Förderer konnten wir nicht finden.“Am 24. Oktober 1943 trat die damals 17-Jährige in den Verein ein. Ihre Mutter unterstützte dies, was damals nicht selbstverständlich war. Drabner baute die Handballabteilung federführend mit auf.
Der erste große Moment folgte am 12. Dezember 1943. Die St. Pauli-Damen feierten ihr Debüt. An der Sternschanze. Bei Hammonia. Lotti war Kapitänin. Damals. Und in jedem weiteren Spiel. Mit 5:0 fegte man die Gegnerinnen vom Feld. „Die Tore, die ich selbst gemacht habe, kann man an zwei Händen abzählen, aber die Rolle als Mittelläuferin und Regisseurin lag mir gut“, erinnert sich Drabner, die den FC St. Pauli schnell zum Aufstieg in die Hamburger Stadtliga führte. Beruflich zog es sie ans Krankenhaus. „Ich bin ans UKE gegangen, um mich dort an der Schwesternschule weiterzubilden.“Zunächst schuftete sie als einfache Krankenschwester, für die letzten zehn Berufsjahre als Oberschwester. „Hier habe ich auch meinen Mann kennengelernt. Beim FC St. Pauli sind wir ja kaum mit Männern in Kontakt gekommen. Höchstens mal bei Weihnachtsfeiern.“
1957 heiratete sie und zog in die Zweieinhalbzimmerwohnung in Eimsbüttel, in der sie noch heute wohnt. „Lotti war immer eine sehr liebenswerte, hilfsbereite und fürsorgliche Person. Als Mannschaftsführerin konnte sie aber auch energisch sein und bestand auf Pünktlichkeit und regelmäßige Trainingsbeteiligung“, verrät Monika Peterson, die 1955 zum FC St. Pauli stieß und seither mit Lotti Drabner befreundet ist.
Gemeinsam stiegen sie 1963 in die Oberliga Hamburg, die damals höchste Spielklasse auf. Bis 1970 blieb Drabner Spielführerin der ersten Mannschaft. Erst mit Mitte 40 zog sie