Daddelstunde im Altersheim
Start-up will Senioren mit Videospielen therapieren und so die Beweglichkeit fördern
Von LUCIE WITTENBERG
Zocken macht krank? Von wegen. In einem Hamburger Seniorenheim wird momentan eine Spielekonsole getestet, die dabei helfen soll, die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern. Wenn alles glattläuft, könnte bald jeder ältere Mensch spielend leicht fitter werden.
Mit dem Motorrad einmal wieder über die Autobahn pesen oder beim Kegeln alle Neune abräumen, daran erinnern sich die Bewohner im Hospital zum Heiligen Geist in Poppenbüttel gerne. Mit der „Memorebox“können sie das jetzt trotz Krankheit oder Altersschwäche wieder machen – jedenfalls auf dem Fernsehbildschirm. Die Box hat eine ganze Palette an Spielen im Angebot: Karaoke, Tanzen, Tischtennis, Motorrad fahren und natürlich auch Kegeln. Erfunden hat das Ganze das Hamburger Start-up „Retro Brain“, das seit 2014 Videospiele für die Therapie von Senioren entwickelt.
„Durch die Konsole werden Bereiche des Körpers trainiert, die sonst nicht genutzt werden“, erklärt Anja Gärtner, die seit 26 Jahren als Krankenpflegerin im Hospital arbeitet.
Für die Spiele braucht die Konsole keine Fernbedienung, eine Kamera filmt die Bewegungen und übersetzt sie automatisch. Dabei ist es egal, ob die Person steht oder sitzt, der Schwierigkeitsgrad passt sich der Fitness und der Standhaftigkeit an. Das Erfolgserlebnis ist also inklusive.
„Es kommt gut an. Den Bewohnern gefällt es“, so Gärtner weiter.
Auch Ilona Lamm, die das Projekt im Hospital leitet, ist überzeugt: „Die Leute freuen sich und strahlen, wenn sie spielen.“
Zusätzlich zum Spaßfaktor verbessern sich auch die kognitiven Fähigkeiten und der Gleichgewichtssinn der Senioren.
Insgesamt gibt es im Hospital zehn der Boxen, die jeder Bewohner nach Lust und Laune nutzen kann. „Es gibt sogar Personen, die sich mit anderen treffen, nur um gemeinsam zu spielen“, so Lamm weiter.
Momentan steckt die Konsole noch in der Testphase: Die Berliner Charité, das UKE und die Entwickler arbeiten aber an einem Konzept, damit Senioren bald auch von zu Hause spielend gesünder werden können.