„Beim HS hab ich mehr zu suchen“
Christian Titz wurde am 23. Oktober trotz lediglich zwei Punkten Rückstands auf die Zweitliga-Tabellenspitze als HSV-Trainer beurlaubt. Für viele Fans war dies ein Schlag ins Gesicht. Im großen MOPO-Interview spricht der 47-Jährige über seine Zeit beim HSV, seine Liebe zu den treuen Anhängern und seine Pläne für die Zukunft.
MOPO: Herr Titz, wie sehr vermissen Sie den HSV? Christian Titz: Was ich vermisse, ist meine tägliche Arbeit als Trainer. Meine Leidenschaft ist es, auf dem Platz zu stehen, mit Spielern zu arbeiten und dem Trainerstab Ideen zu entwickeln. Ich glaube, das vermisst jeder Trainer, der seinen Beruf plötzlich nicht mehr ausüben kann.
Wie lange hat es gedauert, das Ende in Hamburg zu verarbeiten?
Mir war immer bewusst, dass dieser Moment kommen kann. Das gehört zum Berufsbild dazu. Aber natürlich habe ich die Zeit mit meiner Familie und Freunden aufgearbeitet.
Würden Sie heute einige Dinge beim HSV anders machen?
Ich ref ektiere mich nach jeder Trainingseinheit, nach jedem Spiel. Wenn man eine Mannschaft vorbereitet, kann man nie das Ergebnis eines Spieles vorhersagen. Dafür gibt es zu viele Zufälle in einer Fußballpartie. Dazu kommen die Tagesleistung und der Gegner.
Sie standen beim HSV für eine sehr ballorientierte Taktik. Soll das auch in Zukunf so bleiben?
Das ist ein Teil von meiner Spielidee. Vieles hängt aber immer davon ab, welches Spielermaterial zur Verfügung steht. Ich habe beispielsweise in der U17 ähnlich aber differenzierter gespielt als in der U21. Für mich ist allerdings klar: Wenn man als Mannschaft dauerhaft erfolgreich oben stehen will, dann bekommt man automatisch häufiger den Ball und damit muss man Lösungen finden. Ich stelle mir Fußball als einen Mix aus einer gewissen Dominanz und klaren Umschaltmomenten vor. Warum funktionierte Ihr Spielsystem in der Bundesliga of ensichtlich besser als in der Zweiten Liga?
Ich würde sagen: In der Bundesliga ergeben sich bei eigenem Ballbesitz andere Räume, weil die gegnerischen Teams versuchen mehr mitzuspielen. In der Zweiten Liga ist die Ausrichtung der Mannschaften gegen ein Team aus der oberen Tabellenhälfte nicht selten defensiver.
Wann kehren Sie auf die Trainerbank zurück?
Das hängt davon ab, wann sich eine passende Möglichkeit ergibt. Man kann viele Dinge einfach nicht beeinf ussen.
Bundesliga, Zweite Liga, Nachwuchs oder Ausland – sind Sie für alles of en?
Ich habe all meine vorherigen Trainertätigkeiten mit Freude und Zufriedenheit ausgeübt und war ja auch immer wieder mal im Juniorenbereich tätig, aber die Zusammenarbeit mit erwachsenen Spielern ist natürlich nochmal eine andere Form des Trainerdaseins. Man begegnet sich auf einer anderen Kommunikationsebene. Was ich nicht bestreiten kann: Umso höher die Ligen, umso höher die individuelle
Qualität der Spieler. Das hat mir zuletzt sehr viel Spaß gemacht und verändert natürlich auch etwas die Arbeitsweise.
Stehen Sie eigentlich noch mit einigen HSV-Spielern in Kontakt?
Beim HSV steht ein neuer Trainer in der Verantwortung. Spieler und Mitarbeiter müssen sich mit den neuen Gegebenheiten zurecht finden. Da habe ich nichts mehr zu suchen und das muss man respektieren.
Haben Sie sich eigentlich mit Hannes Wolf ausgetauscht?
Nein, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir uns irgendwann mal treffen und es zu einem kollegialen Austausch kommt.
Sie haben als Trainer einen rasanten Aufstieg erlebt und rasch die Schattenseiten des Geschäf s kennengelernt. Welche Lehren haben Sie aus Ihrer Zeit beim HSV gezogen?
In jeder Station entwickelt man sich weiter. Man lernt nie aus. Es gibt viele Situationen, die man zwar vorher besprechen kann, aber wenn sie eintreten, dann läuft es oft ganz anders ab, als man es erwartet hatte. Als Mensch ist man die Summe seiner getroffenen Entscheidungen und man profitiert dabei durchaus von den falschen Entscheidungen. Daraus lernt man und versucht, es beim nächsten Mal besser zu machen. Ich empfinde nach wie vor eine große Dankbarkeit, dass mir das Vertrauen geschenkt wurde. Man kann als Trainer nur wirken, wenn es die Leute zulassen.
Haben Sie nun mehr Zeit für Ihre Familie?
Ich denke schon, dass ich nun mehr Zeit für sie habe. Meine Frau genießt es, dass wir morgens gemeinsam in den Tag starten können. Bei meinen Kindern sind es oft die ganz einfachen Dinge. Ich hole meine Tochter von der Schule ab, fahre sie zum Chearleading oder fahre meinen Sohn zum Fußballtraining. Das bleibt als Trainer oft auf der Strecke.
Beim HSV habe ich nichts mehr zu suchen, das muss man respektieren.
Was ich vermisse, ist meine tägliche Arbeit als Trainer.
rehr Zeit für die Kinder – da haben Sie sicherlich auch mit Ihrem 14 Jahre alten Sohn über seine Instagram-Karriere gesprochen. Wie stehen Sie dazu?
Ich weiß gar nicht, wie er das genau gemacht hat. Ich bin in diesen Bereichen nicht so bewandert wie er. Ich weiß auf alle Fälle, dass mein Sohn mehr Follower (32 000, Anm. d. Red.) hat, als ich. In der heutigen Zeit hat fast jeder Jugendliche einen Instagram-Account, die Kids sind mit dem Handy aufgewachsen und haben damit einen selbstverständlichen Umgang. Dem sollte man sich nicht einfach verwehren, sondern versuchen, es zu integrieren. Deshalb müssen Eltern Leitplanken vorgeben. Wir versuchen, einen vernünftigen Weg mit unserem Sohnemann zu finden. Unsere neunjährige Tochter darf sich beispielsweise noch nicht in sozialen Netzwerken auf alten.
Sind Sie überrascht, dass man als Jugendlicher vom Sofa aus zum Unternehmer werden kann?
Über die Portale wie Facebook, YouTube und Instagram haben sich durchaus neue Berufsfelder entwickelt, das bringt die Digitalisierung mit sich. Menschen dienen als Werbeplattformen. Das ist eine wachsende Marketingindustrie, die hauptsächlich von jungen Menschen initiiert wird, der aber in alle gesellschaftlichen Bereiche wachsen wird. Auch wir setzen diese Plattformen bereits erfolgreich mit meinen Unternehmen Coaching Zone ein, um unsere Angebote im globalen Schaufenster zu platzieren.