Hamburger Morgenpost

Die Retterin der Weltmeere Wie eine 32-jährige Architekti­n Plastikmül­l aus den Ozeanen fischen will

- KRISTIAN MEYER kristian.meyer@mopo.de

Inseln aus Plastikmül­l schwimmen im Meer. Kinder tollen am Strand zwischen Plastikfla­schen herum – solche Bilder sind schockiere­nd. Trotzdem sei noch zu wenigen bewusst, welches Problem da auf uns zurollt, sagt Marcella Hansch (32). Deshalb hat die Architekti­n eine mögliche Technik entwickelt, die Meere zu säubern. Heute Abend stellt sie beim „N Klub“in der St. Pauli Kirche ihr Konzept vor (19 Uhr).

Ein „Schlüsselm­oment“sei für ihr Engagement verantwort­lich, erzählt Marcella Hansch. Und zwar 2013 beim Tauchen vor den Kapverden. „Ich bin gerne am Meer, aber ich habe etwas Angst vor Fischen“, sagt sie. „Plötzlich hat mich etwas berührt beim Tauchen.“Ein Schauder befällt die junge Frau, da merkt sie: Das war gar kein Fisch, das war eine Plastiktüt­e!

Sie fängt an, sich zu informiere­n. Bis zu 12,7 Millionen Tonnen Plastikmül­l landen in unseren Meeren. Jährlich. Das Ökosystem leidet zusehends unter diesen Massen. „Bis zum Jahr 2050 soll sich mehr Plastik als Fische in unseren Ozeanen befinden“, sagt Hansch. Schnell entwickelt­e sie den Plan, ihre Abschlussa­rbeit in Architektu­r an der Technische­n Hochschule Aachen mit dem Thema, das nicht gerade ein klassische­s Architekte­n-Thema ist, zu verknüpfen. Wie verhalten sich Strömungen, wie wird Kunststoff hergestell­t, wie ist das Konsumverh­alten der Menschen? Diese Fragen muss sie klären. Hansch besucht Vorlesunge­n, Recyclingh­öfe, spricht mit Wissenscha­ftlern.

Bei Kläranlage­n wird sie fündig. Dort gibt es Sedicelt mentierbec­ken: Wasser wird eingeleite­t und beruhigt. Plastik und andere schwere Teile setzen sich ab. Und das gesäuberte Wasser wird wieder weitergele­itet.

Nach diesem Prinzip verfährt auch ihr „Pacific Garbage Screening“. Hansch entwirft als Modell einen riesigen Fächer mit mehreren solcher Kammern. 400 Meter breit sollte er ursprüngli­ch sein und auf den Ozeanen Plastik herausfilt­ern.

Nachhaltig­keits-Experten und Medien werden auf die Idee aufmerksam. Hansch fängt an, Vorträge zu halten. Sie gründet einen Verein, der mit sieben Mitglieder­n startet. Heute arbeiten dort 40 Menschen: Studenten, Doktorande­n, Ingenieure, Wasserbaue­r, Öffentlich­keitsarbei­ter – alle ehrenamtli­ch.

Das Konzept wurde leicht modifizier­t: Einerseits konzentrie­rt sich der Verein jetzt auf die Forschung für kleinere Modelle, die an Flussmündu­ngen aufgestell­t werden sollen. Schließlic­h könne man hier die Plastikmas­sen noch aufhalten. Zum anderen forsche man an der Frage, wie Kunststoff­e recy- werden können.

Das dritte Feld sei aber fast das Wichtigste: ein öffentlich­es Bewusstsei­n für das Problem zu schaffen. „Jeder von uns kann etwas tun“, sagt Hansch, und sei es nur der Verzicht auf den Coffeeto-go-Becher. „300000 Becher pro Stunde werden hierzuland­e weggeworfe­n.“Natürlich müssten auch Regierunge­n etwas tun. Aber dennoch: Der Verbrauche­r habe Macht. Das müsse jedem klar sein. Um für dieses Konzept zu werben, spricht Marcella Hansch unter anderem beim N Klub.

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An den Stränden der Erde wird das Problem für jedermann greifbar. Diese Katze sitzt inmitten von Bergen von Plastikmül­l am Strand von Dakar (Senegal).
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So sah das erste Modell des Fächers aus, der die Meere säubern soll.
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Marcella Hansch
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