Die Jagd auf den ApothekenMörder
Schock über brutale Tat +++ Staatsschutz prüf politischen Hintergrund +++ Mordkommission hat erste Spuren
Nach der Bluttat in Harburg, bei der der bekannte Apotheker Mohamed J. (†48) auf grausame Weise wohl mit einer Axt erschlagen wurde (MOPO berichtete), macht die Polizei nun Jagd auf den Mörder. Mit einem Spürhund wurde der Tatort durchkämmt, auch der Staatsschutz ist involviert. War es eine politische Tat gegen J., der aus seiner Abneigung gegen das Regime des syrischen Herrschers Assad kein Hehl machte und als Flüchtlingshelfer aktiv war?
Kerzen, Karten, Blumen – die Menschen in Harburg trauern um jenen Mann, der mehrere Immobilien besaß und seit mehr als 15 Jahren eine Apotheke leitete – zunächst an der Straße Am Wall, seit drei Jahren an der Einkaufsmeile Lüneburger Straße. Sein Tod ist das Gesprächsthema Nummer eins. Hier, vor dem Eingang eines seiner drei Geschäftshäuser, wurde J. Dienstagabend blutüberströmt und schwer verletzt aufgefunden. Wenig später konnte nur noch sein Tod festgestellt werden. Sein Peiniger hatte ihn mutmaßlich mit einer Axt getötet.
Noch am selben Abend übernahm die Mordkommission den Fall, sperrte das Ge- biet mit rot-weißem Flatterband. Auch einen Tag später sowie gestern waren Beamte vor Ort. In einem Mülleimer fanden sie mehrere Beweisträger, darunter eine Jacke. „Die gefundenen Gegenstände werden nun überprüft“, so Laura John, Pressesprecherin der Polizei. Auch Beppo, ein achtjähriger Bayerischer Gebirgsschweißhund, war im Einsatz und schnüffelte gestern Mittag durch die Harburger Fußgängerzone – auf der Fährte des Mörders.
Eine heiße Spur gebe es noch nicht, so John, „wir ermitteln in alle Richtungen“. Auch der Staatsschutz ist in den Fall involviert. Es muss geklärt werden, inwieweit ein politisch motivierter Hintergrund für die Tat infrage kommen könnte.
J. engagierte sich nämlich ehrenamtlich im Verein „Union der Syrer im Ausland Deutschland“, einem Bund,
den er selbst gegründet hatte. Gerade während der Flüchtlingskrise bemühte er sich, den hilfebedürftigen Menschen beizustehen, besorgte ihnen Plätze in Sprachkursen, war sogar Helfer beim Deutschen Roten Kreuz. Auch im syrischen Krisengebiet war der Vater zweier Töchter regelmäßig. Bilder zeigen ihn in einem Flüchtlingscamp nahe der Grenze.
„Er war nicht nur in der humanitären Hilfe für Syrien engagiert, sondern unterstützte auch Geflüchtete bei der Integration in Harburg“, sagt der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Kazim Abaci.
„Mohamed war engagiert und sehr aktiv, was Politik anging“, so ein Bekannter zur MOPO. Er setzte sich ungemein für die Menschen ein, die den Mut aufbrachten, wegen der Regierung um Machthaber Assad aus Syrien zu fliehen. Und er hatte nie Angst, selber mal im Fadenkreuz seines Herkunftlandes zu stehen.“
Sosehr J. von Kunden, Nachbarn und anderen Mitmenschen gemocht wurde, er soll auch ein knallharter Geschäftsmann gewesen sein – das sagen zumindest die, die mit ihm zu tun hatten. „Es gab häufig Ärger, wenn es ums Geld ging“, so ein Mann, der in einem seiner Gebäude einen Laden führt und anonym bleiben möchte. „In Verhandlungen war er sehr aufbrausend.“
Trauernde Angestellte und Familienmitglieder waren gestern bei der Suche von Polizeihund Beppo dabei. Auch J.s Witwe, die Mutter seiner zwei kleinen Töchter. Sie hofft, dass es „nur ein Bekloppter war und überhaupt nichts mit Politik zu tun hat“.
In dem leerstehenden Gebäude, in dessen Eingang J. gefunden wurde, sollen auch Menschen gewohnt haben. Unklar ist, ob es unerwünschte Obdachlose waren, mit denen er in Streit geriet – oder wohnungslose Flüchtlinge. In einem der Räume soll die Polizei eine Axt gefunden haben – die mögliche Tatwaffe.
Hoffe, dass es nur ein Bekloppter war und überhaupt nichts mit Politik zu tun hat
Mohamed J.s Witwe