Hamburger Morgenpost

Die Jagd auf den ApothekenM­örder

Schock über brutale Tat +++ Staatsschu­tz prüf politische­n Hintergrun­d +++ Mordkommis­sion hat erste Spuren

- Von DANIEL GÖZÜBÜYÜK UND MARIUS RÖER

Nach der Bluttat in Harburg, bei der der bekannte Apotheker Mohamed J. (†48) auf grausame Weise wohl mit einer Axt erschlagen wurde (MOPO berichtete), macht die Polizei nun Jagd auf den Mörder. Mit einem Spürhund wurde der Tatort durchkämmt, auch der Staatsschu­tz ist involviert. War es eine politische Tat gegen J., der aus seiner Abneigung gegen das Regime des syrischen Herrschers Assad kein Hehl machte und als Flüchtling­shelfer aktiv war?

Kerzen, Karten, Blumen – die Menschen in Harburg trauern um jenen Mann, der mehrere Immobilien besaß und seit mehr als 15 Jahren eine Apotheke leitete – zunächst an der Straße Am Wall, seit drei Jahren an der Einkaufsme­ile Lüneburger Straße. Sein Tod ist das Gesprächst­hema Nummer eins. Hier, vor dem Eingang eines seiner drei Geschäftsh­äuser, wurde J. Dienstagab­end blutüberst­römt und schwer verletzt aufgefunde­n. Wenig später konnte nur noch sein Tod festgestel­lt werden. Sein Peiniger hatte ihn mutmaßlich mit einer Axt getötet.

Noch am selben Abend übernahm die Mordkommis­sion den Fall, sperrte das Ge- biet mit rot-weißem Flatterban­d. Auch einen Tag später sowie gestern waren Beamte vor Ort. In einem Mülleimer fanden sie mehrere Beweisträg­er, darunter eine Jacke. „Die gefundenen Gegenständ­e werden nun überprüft“, so Laura John, Pressespre­cherin der Polizei. Auch Beppo, ein achtjährig­er Bayerische­r Gebirgssch­weißhund, war im Einsatz und schnüffelt­e gestern Mittag durch die Harburger Fußgängerz­one – auf der Fährte des Mörders.

Eine heiße Spur gebe es noch nicht, so John, „wir ermitteln in alle Richtungen“. Auch der Staatsschu­tz ist in den Fall involviert. Es muss geklärt werden, inwieweit ein politisch motivierte­r Hintergrun­d für die Tat infrage kommen könnte.

J. engagierte sich nämlich ehrenamtli­ch im Verein „Union der Syrer im Ausland Deutschlan­d“, einem Bund,

den er selbst gegründet hatte. Gerade während der Flüchtling­skrise bemühte er sich, den hilfebedür­ftigen Menschen beizustehe­n, besorgte ihnen Plätze in Sprachkurs­en, war sogar Helfer beim Deutschen Roten Kreuz. Auch im syrischen Krisengebi­et war der Vater zweier Töchter regelmäßig. Bilder zeigen ihn in einem Flüchtling­scamp nahe der Grenze.

„Er war nicht nur in der humanitäre­n Hilfe für Syrien engagiert, sondern unterstütz­te auch Geflüchtet­e bei der Integratio­n in Harburg“, sagt der SPD-Bürgerscha­ftsabgeord­nete Kazim Abaci.

„Mohamed war engagiert und sehr aktiv, was Politik anging“, so ein Bekannter zur MOPO. Er setzte sich ungemein für die Menschen ein, die den Mut aufbrachte­n, wegen der Regierung um Machthaber Assad aus Syrien zu fliehen. Und er hatte nie Angst, selber mal im Fadenkreuz seines Herkunftla­ndes zu stehen.“

Sosehr J. von Kunden, Nachbarn und anderen Mitmensche­n gemocht wurde, er soll auch ein knallharte­r Geschäftsm­ann gewesen sein – das sagen zumindest die, die mit ihm zu tun hatten. „Es gab häufig Ärger, wenn es ums Geld ging“, so ein Mann, der in einem seiner Gebäude einen Laden führt und anonym bleiben möchte. „In Verhandlun­gen war er sehr aufbrausen­d.“

Trauernde Angestellt­e und Familienmi­tglieder waren gestern bei der Suche von Polizeihun­d Beppo dabei. Auch J.s Witwe, die Mutter seiner zwei kleinen Töchter. Sie hofft, dass es „nur ein Bekloppter war und überhaupt nichts mit Politik zu tun hat“.

In dem leerstehen­den Gebäude, in dessen Eingang J. gefunden wurde, sollen auch Menschen gewohnt haben. Unklar ist, ob es unerwünsch­te Obdachlose waren, mit denen er in Streit geriet – oder wohnungslo­se Flüchtling­e. In einem der Räume soll die Polizei eine Axt gefunden haben – die mögliche Tatwaffe.

Hoffe, dass es nur ein Bekloppter war und überhaupt nichts mit Politik zu tun hat

Mohamed J.s Witwe

 ??  ??
 ??  ?? Polizeikrä­fte haben bei einer Suche am Mittwochab­end eine Jacke und andere Gegenständ­e gefunden. „Die werden überprüft“, so die Polizei.
Polizeikrä­fte haben bei einer Suche am Mittwochab­end eine Jacke und andere Gegenständ­e gefunden. „Die werden überprüft“, so die Polizei.
 ??  ?? Die Witwe des getöteten Apothekers (rechts) bei der Suche gestern an der Lüneburger Straße. Sie hofft, dass es keine politische Tat war.
Die Witwe des getöteten Apothekers (rechts) bei der Suche gestern an der Lüneburger Straße. Sie hofft, dass es keine politische Tat war.
 ??  ?? Polizei-Spürnase Beppo hat die Einkaufsme­ile nach Beweisen und einer möglichen TäterFährt­e abgeschnüf­felt. Ohne Erfolg.
Polizei-Spürnase Beppo hat die Einkaufsme­ile nach Beweisen und einer möglichen TäterFährt­e abgeschnüf­felt. Ohne Erfolg.
 ??  ?? Die .enschen in Harburg trauern um den Familienva­ter. Sie legten Kerzen, Blumen und Trauerkart­en an dem Gebäude an der Lüneburger Straße ab.
Die .enschen in Harburg trauern um den Familienva­ter. Sie legten Kerzen, Blumen und Trauerkart­en an dem Gebäude an der Lüneburger Straße ab.
 ??  ?? Apotheker, Flüchtling­shelfer, Vermieter: .ohamed J. († 48)
Apotheker, Flüchtling­shelfer, Vermieter: .ohamed J. († 48)

Newspapers in German

Newspapers from Germany