Hamburger Morgenpost

Stoppt das große Artensterb­en!

Jedes Jahr verschwind­en Tausende Tier- und Pflanzenar­ten. Wenn wir die Katastroph­e nicht abwenden, wird es auch für uns Menschen bald sehr ungemütlic­h auf der Erde

- ➤ Mehr über die Natur lernen lässt sich beim Internatio­nalen Naturfilmf­estival „Green Screen“. Am 6. Februar feiert die „GreenScree­n-Tour 2019“mit Tier- und Naturdokum­entationen Premiere in der Hamburg Messe. Infos und Tickets: outdoor-ticket.net.

Wir erleben gerade das schlimmste Ma Aussterben seit dem Verschwind­en der D saurier. Geht es ungebremst weiter, wir auch für uns Menschen auf der Erde bald u mütlich. Doch noch lässt sich die Katastroph­e auf alten. Und wir alle können einen Beitrag dazu leisten.

Im vergangene­n Jahr musste der altersschw­ache Sudan eingeschlä­fert werden. Und weil er das letzte Männchen seiner Art war, ist das Nördliche Breitmauln­ashorn jetzt praktisch ausgestorb­en. Wieder eine Tierart weg!

Pro Jahr sterben Tausende, wahrschein­lich Zehntausen­de Tier- und Pf anzenarten aus. Wir erleben gerade das schlimmste Artensterb­en seit dem Verschwind­en der Dinosaurie­r. Schuld daran ist der Mensch: Bevölkerun­gswachstum, Umweltvers­chmutzung, übertriebe­ne Jagd, Vernichtun­g von Lebensraum, Einschlepp­en von Arten sind die Hauptgründ­e.

Weil 7,5 Milliarden Menschen immer mehr Ressourcen verbrauche­n, überschrei­ten wir die Belastungs­grenzen der Natur. Ein schwedisch­es Forscherte­am um den Agrarwisse­nschaftler Johan Rockström hat die „planetaren Belastungs­grenzen“untersucht und eine Art Öko-Katastroph­en-Ranking erstellt. Der Klimawande­l, den die Menschheit verzweifel­t zu stoppen versucht, liegt dabei nur auf einem mittleren Platz. Denn noch viel schlimmer sieht es beim Thema Artensterb­en aus: Jeden Tag verschwind­en Dutzende Arten – und das könnte schon bald Folgen haben, die jeder von uns zu spüren bekommt.

In Deutschlan­d sterben zum Beispiel die Insekten. Die Zahl der „Bestäuber“, also Bienen, Hummeln, Schmetterl­inge und andere, nimmt dramatisch ab. Bei einer Untersuchu­ng im Raum Krefeld stellten Forscher fest, dass sich die Zahl der Fluginsekt­en in dem Untersuchu­ngsgebiet in drei Jahrzehnte­n um gut drei Viertel verringert hat! Sie sind aber wichtig für die Landwirtsc­haft: Die meisten Nahrungspf anzen, vom Apfel bis zum Raps, brauchen für einen hohen Ertrag die Hilfe von Insekten. Verschwind­en sie, wird für uns alle irgendwann das Essen knapp. Und weil viele Vögel Insekten picken, gibt es heute nicht mal mehr halb so viele von ihnen wie vor ein paar Jahrzehnte­n.

Inzwischen ist, so das Bundesamt für Naturschut­z, etwa ein Drittel unserer heimischen Tier- und Pf anzenarten vom Aussterben bedroht. Daran ändern auch einige schöne Erfolge nichts. Es gibt zwar wieder mehr Adler und Wölfe – aber die Artenvielf­alt insgesamt nimmt trotzdem ab.

Dabei ist es die Vielfalt, die uns am Leben erhält. Atemluft, Trinkwasse­r, Nahrung oder Arzneimitt­el: Wenn nicht viele Tausend Arten in den Ökosysteme­n zusammenar­beiten würden, wäre die Erde nur ein toter Gesteinsbr­ocken.

Es hat übrigens schon fünf Mal in der Geschichte der Erde katastroph­ales Massenauss­terben gegeben. Mal ausgelöst durch eine Serie von Vulkanausb­rüchen, dann durch einen Klimawande­l oder, wie bei den Dinosaurie­rn, durch einen Asteroiden, der auf die Erde krachte. Jedes Mal sind mindestens 75 Prozent aller Arten in relativ kurzer Zeit verschwund­en. Nun hat das sechste Massenauss­terben begonnen – verursacht von uns Menschen. Natürlich sterben auch ohne menschlich­en Einf uss Tiere und Pf anzen aus. Aber nicht so viele gleichzeit­ig. Das Tempo hat sich womöglich vertausend­facht, warnen die Forscher.

Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Die Katastroph­e lässt sich noch auf alten. Nachhaltig­e Landwirtsc­haft, Müllvermei­dung, erneuerbar­e Energien – all das hilft, die Artenvielf­alt zu erhalten. Jeder Einzelne kann dabei mithelfen. Beispiele: den Einkauf nicht mehr in Plastiktüt­en nach Hause tragen. Spritspare­r statt SUV fahren. Weniger Fleisch essen. Die Verbrauche­r können eine Menge tun, um Politik und Wirtschaft auf die Sprünge zu helfen. Höchste Zeit, denn während Sie diesen Artikel gelesen haben, sind wahrschein­lich schon wieder ein paar Arten ausgestorb­en.

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