Die Wut auf die Retter wächst
Bürgermeister wettert gegen Verzögerungen beim Hilfstunnel
MADRID - Fast eine Woche läuft die Suche nach dem kleinen Julen jetzt schon. Am vergangenen Sonntag soll er in Totalán in Südspanien beim Spielen in einen 107 Meter tiefen Brunnenschacht gefallen sein. Die Rettungsarbeiten laufen, doch sie sind schwierig. Während die Überlebenschancen des zwei Jahre alten Jungen mit jeder Minute sinken, wächst die Wut auf die Retter.
Eigentlich hatten die Einsatzkräfte geplant, einen Tunnel horizontal in den Berg hineinzugraben, doch die Beschaffenheit machte das unmöglich. Immer wieder gab das Schiefergestein nach, die Retter hätten sich selbst in Gefahr gebracht.
Nun läuft Plan B. Rund 30 Meter Erdreich sind schon abgetragen, eine Plattform wurde errichtet. Von hier aus sollen neben dem Unglücksbohrloch zwei breitere Schächte in den Boden gebohrt werden. Etwa 80 Meter unterhalb der Absturzstelle des Kindes sollen erfahrene Minenarbeiter eine erste Verbindung zum Unglücksschacht herstellen. So skizzierte es der Ingenieur Ángel García Vidal auf einem Blatt Papier. Unter günstigsten Umständen werde man für die verbliebenen 55 Meter 12 Stunden benötigen.
Dieser Plan klingt vielversprechend, doch seine Umsetzung kann dauern. Wegen des zu steilen Zugangswegs habe man die 75 Tonnen schwere Maschine in zwei Hälften zerlegen müssen. Auch das kostete Zeit. Zeit, die zuvor schon vertrödelt worden sei, wie viele in Totalán anprangern. Bürgermeister Miguel Ángel Escaño schimpfte in einem Interview, bis 16 er habe davor gewarnt, einen horizontalen Tunnel zu bauen, aber niemand habe auf ihn gehört. Auch Freunde der Familie melden sich zu Wort und kritisieren die Verzögerungen durch immer neue Pläne und neue Entscheidungen.
Schließlich geht es bei der Rettung von Julen doch um Minuten. Denn eines steht fest: Sollte der kleine Junge noch leben, ist er seit Sonntag ohne Wasser, ob er genug Sauerstoff bekommt, ist ebenfalls unklar. Immerhin lässt das Schiefergestein mehr Luft durch als beispielsweise Granit – und auch die Temperaturen würden für ein Überleben ausreichen. Und so mischt sich in die Wut auch etwas Hoffnung, auch wenn diese immer weiter schwindet.