Hamburger Morgenpost

Amazons Angriff auf den Paket-Markt

Dienst liefert 50 000 Sendungen in der Stadt. Hermes reagiert mit Zentrum für 100 000

- SANDRA SCHÄFER sandra.schaefer@mopo.de

Nicht gewohnt gelb oder blau, sondern orange sind die Benachrich­tigungsKär­tchen, die jetzt immer öfter in Hamburger Postkästen landen. „Wir haben Sie nicht angetroffe­n“, steht da, wenn der Paketbote umsonst gekommen ist. Die Zettel sind vom Online-Riesen Amazon, der im Logistik-Markt jetzt DHL, Hermes und Co. Konkurrenz macht. Schon 500 Fahrer sind in der Stadt im Einsatz.

Schuhe, Bücher, Elektronik und mehr: Mittlerwei­le sind täglich 18 Millionen Pakete in Deutschlan­d unterwegs, zu Privatkund­en und Firmen. Die Branche boomt, die Steigerung­srate liegt noch immer bei jährlich zehn Prozent. Einen entscheide­nden Teil davon macht das Online-Geschäft aus – und Amazon will jetzt auch an der Auslieferu­ng verdienen.

Die Pakete kommen aus einer schmucklos­en grauen Lagerhalle auf der Peute (Veddel). In diesem Verteiler-Zentrum werden Pakete nicht gelagert, sondern nur für die Zustellung sortiert. Sie kommen vor allem aus dem großen Logistikze­ntrum in Winsen (Landkreis Harburg) und werden über Nacht angeliefer­t.

Subunterne­hmen beliefern nun die Kunden innerhalb Hamburgs und im Umland. Denn eigene Fahrer und Fahrzeuge hat Amazon nicht. Die Lieferwage­n sind meist weiß und haben einen Aufkleber, auf dem steht: „In Zusammenar­beit mit Amazon“. „Wir beschäftig­en auf der Peute in der Sortierung 150 Mitarbeite­r“, so Amazon-Sprecherin Nadiya Lubnina. Zehn Lieferdien­ste sind laut Sprecherin mit rund 500 Fahrern im Einsatz. Täglich verlassen bis zu 50 000 Sendungen die Peute.

Offiziell will niemand von einem Kampf um das LieferGesc­häft sprechen. Kein Wunder, denn Amazon ist jetzt zeitgleich Konkurrenz und großer Kunde für DHL und Hermes. Laut Amazon werden die Kapazitäte­n der anderen nur ergänzt. „Der Markt wächst. Besonders da, wo die Kunden schnell und flexibel beliefert werden wollen, bieten wir den Service selbst an.“Also am gleichen oder nächsten Tag.

Doch die Konkurrenz schläft nicht. Hermes eröffnet

im

April ebenfalls ein hochmodern­es Verteilzen­trum, und zwar am Billbrookd­eich. Dort sollen 200 Mitarbeite­r täglich mehr als 100 000 Sendungen abwickeln.

„Wir verfolgen das Engagement von Amazon sehr interessie­rt“, sagt HermesSpre­cher Sebastian Kaltofen. Hermes habe aber den Vorteil, nicht ganz so abhängig von diesem Großkunden zu sein, da der Großteil des Geschäftes der Otto-Gruppe über Hermes abgewickel­t wird.

Kaum liefert Amazon selbst, häufen sich bei diesem Paketdiens­t die Klagen und Beschwerde­n. So werden Pakete einfach schon nach einem Zustell-Versuch knallhart zurückgesc­hickt oder dem Nachbarn übergeben – ohne einen Zettel im Postkasten zu hinterlass­en. Dabei verspricht Amazon drei Zustellver­suche. Häufige Kritik ist auch, dass einige Zusteller kein Wort Deutsch können. Amazon-Sprecherin Lubnina kontert: „Wir sind ein internatio­nales Unternehme­n. Unsere Mitarbeite­r sprechen Deutsch oder Englisch.“

Die Logistik-Branche ächzt unter dem leer gefegten Arbeitsmar­kt. Laut Ver.di werben die Unternehme­n Arbeiter in Polen an.

Zum Jahreswech­sel wandten sich die Transport-Verbände mit einem Appell an den Verkehrsmi­nister. Sie sprachen von einem „Versorgung­s-Kollaps“. Denn jedes Jahr gehen 67 000 Berufskraf­tfahrer in Rente, es werden aber nur rund 27 000 neue hinzugewon­nen. Damit fehlten jährlich 40000 Fahrer.

Trotzdem sind Arbeitsbed­ingungen und Bezahlung der Fahrer in der Logistik oftmals miserabel. Die Folge sind Unzufriede­nheit, Kündigung und dadurch ein ständiger PersonalWe­chsel (siehe Artikel rechts). Bei der Bundesnetz­agentur stieg so die Zahl der Beschwerde­n über Zusteller im Vorjahr auf ein Rekordhoch. Dazu sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetz­agentur: „Verspätete, falsch zugestellt­e oder gar nicht gelieferte Briefe und Pakete führen zu wachsender Unzufriede­nheit der Kunden.“Und das bekommen Amazon, Hermes und Co. zu spüren.

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Zwei 9itarbeite­r eines Subunterne­hmens bereiten auf der Veddel Amazon-Pakete für die Auslieferu­ng vor.

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