Hamburger Morgenpost

So kriegen wir den Krebs in den Griff Lewis Holtby wird zum Chart-Stürmer

Hamburger Professor über die hohe Wirksamkei­t neuer Therapien Er singt für todkranke Kinder.

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Nur noch 20 Jahre, dann ist Krebs heilbar – mit diesem Ausspruch hat Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) kürzlich eine Welle der Kritik ausgelöst. Anlässlich des größten Krebs-Kongresses Hamburgs, der am heutigen Freitag und morgen in der Handwerksk­ammer stattfinde­t, sprach die MOPO mit dem Chef des AsklepiosT­umorzentru­ms, Prof. Dirk Arnold, über neue Forschunge­n, Fortschrit­te, Ängste und die richtige Ernährung.

MOPO: Herr Prof. Arnold, essen Sie noch gepökeltes Fleisch?

Prof. Dirk Arnold: Auf jeden Fall! Es kommt immer auf die Menge an. Genau wie bei anderen Genussmitt­eln.

Wie wichtig ist denn eine gesunde Ernährung zur Vorbeugung von Krebs?

Viele Erkrankte denken, sie hätten Fehler gemacht. Da kann ich meistens beruhigen. Nur wenn jemand über einen längeren Zeitraum hauptsächl­ich Pommes frites und Fertignahr­ung zu sich genommen hat, liegt da sehr wahrschein­lich ein Zusammenha­ng vor. Solche Menschen sind in der Regel auch oft übergewich­tig, was das Risiko zusätzlich erheblich steigert.

Und wie ernähren Sie sich?

Keine Sorge: Ich esse nicht jeden Tag Brokkoli. Aber ich achte auf eine ausgewogen­e Ernährung – tendenziel­l eher fleischarm. Das ist in doppelter Hinsicht ein Vorteil, weil es nicht nur das Krebsrisik­o senkt, sondern auch die Gefahr für HerzKreisl­auf-Erkrankung­en. Ernährung, Rauchen, Sonne – wie sehr beeinfluss­t das eigene Verhalten die Krebsgefah­r überhaupt? Es gibt eine große Diskussion darüber, welche Rolle der Eigenantei­l, durch Verhalten, spielt. Bei den allermeist­en Krebsarten ist es aber einfach „Zufall“. Es gibt keine Tumorart, wo der Zusammenha­ng ganz eindeutig ist. Am klarsten ist es noch bei Hautkrebs und Sonne sowie bei Lungenkreb­s und Rauchen. Aber selbst bei einem Kettenrauc­her muss Rauchen nicht zwingend der Auslöser für die Entst des Tumors sein. Es mer ein Zusammensp der eigenen genet Veranlagun­g, Umwel ren und Verhalten.

Wie häufig sollte man zur V sorgeunter­suchung gehen

Wenn keine bekannten familiären Risikofakt­oren vorliegen, braucht man nicht in Panik zu verfallen. Unsere Vorsorgepr gramme in Deutschla sind gut ausgestatt­et und wissenscha­ftlich begleitet. Es gibt für jedes Alter klare Leitlinien z sinnvollen Vorsorgeun­tersuchung­en. Zusätzlich­e IGeLAngebo­te kann man machen, muss man aber nicht.

Wie bewerten Sie die Aussage von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn, Krebs sei in 20 Jahren heilbar?

Er hat da falsche Erwartunge­n geweckt. Richtig ist, wir können mehr Patienten heilen als früher. Aber ganz besiegen können wir Krebs auch in 20 Jahren nicht.

In welche Richtung geht die Entwicklun­g?

In Zukunft wird Krebs bei sehr vielen Menschen eine chronische Krankheit werden und längere Verläufe haben, mit einem längeren Leben bei sehr guter Lebensqual­ität und wenigen Symptomen. Wir werden den Krebs besser beherrsche­n, wenn wir ihn nicht heilen können.

Wir können mehr Patienten heilen als früher. Aber ganz besiegen können wir Krebs auch in 20 Jahren nicht. Prof. Dirk Arnold

Wie geschieht das?

Durch die vielen neuen Therapiemö­glichkeite­n, die sich in den letzten Jahren verbessert haben, in allen Feldern. Z. B. ist auch die Chirurgie „zielgerich­teter“geworden und oft nicht mehr so radikal wie früher, so dass Operatione­n für mehr Erkrankte infrage kommen. Auch die Strahlenth­erapie ist viel genauer und nebenwirku­ngsärmer geworden, und dazu kommen Verfahren zur Tumorzerst­örung wie Laserund Mikrowelle­ntherapien. Das gilt auch für die medikament­ösen Therapien, die viel präziser und effektiver sind und weniger Nebenwirku­ngen haben. Dabei ist die Immunthera­pie ein großer Fortschrit­t, weil sie dem Immunsyste­m hilft, die Tumorerkra­nkung selbst zu bekämpfen. Wichtig ist, ass man in allen Stadin den Einsatz dieser rfahren im Expertenis, in den Tumorkonen­zen, gemeinsam disert und festlegt.

en heute weniger .enls früher an Krebs?

ranken in Deutschlan­d jährlich fast 500000 Menschen an Krebs, und mehr als 230 000 sterben daran. Diese Zahl ist seit fünfzehn Jahren annähernd konstant.

Woran liegt das?

Es liegt daran, dass die Menschen immer älter werden, und Krebs ist zumeist eine „Alterserkr­ankung“. Dabei verändert sich aber das Spektrum: Zwar gibt es Krebsarten, die deutlich abnehmen – wie Magen-Karzinome, diese aufgrund der verbessert­en Konservier­ung von Lebensmitt­eln. Und das gilt beispielsw­eise auch für Darmkrebs, der aufgrund der guten Vorsorgepr­ogramme zurückgeht. Dafür nehmen andere Arten wie Hautkrebs, der auch Jahre nach dem erlittenen Sonnenbran­d noch auftreten kann, zu.

DAS INTERVIEW FÜHRTE NINA GESSNER

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Die Krebsforsc­hung hat präzisere und effektiver­e Therapien mit weniger Nebenwirku­ngen entwickelt.
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Krebszelle­n unter dem .ikroskop. Sie zu bekämpfen, gelingt immer besser.

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