Ein Abend mit Hymnen zum Zuprosten
Kritik Nach vielen Jahren ohne Hamburg-Konzert begeistern die Indierocker Razorlight im Gruenspan
Ist es wirklich schon zehn Jahre her, dass Razorlight zuletzt in Hamburg spielten? Vergessen hat man die britischen Indierocker um Sänger Johnny Borrell jedenfalls nicht. Proppenvoll ist das Gruenspan am Mittwochabend. Und das Publikum ist textsicher und singfreudig wie damals bei ihrem Gastspiel in der Großen Freiheit nebenan.
Borrell, mittlerweile auch schon 38, hat an diesem Abend reichlich Bock; seine Band, überwiegend neu besetzt, ist voller Spielfreude. Aber ein toller Performer war er ja schon immer. Und exquisiter Songwriter dazu, der wie kein Zweiter Hymnen zum Zuprosten und Mitf üstern schreiben kann. Allerdings haftete ihm nach dem großen Hype seitens der englischen Presse rasch das Image des arroganten Großkotzes an, was wohl mitverantwortlich für den Flop des dritten Albums in der Heimat war. Was folgte, war quasi eine Zwangspause.
Wenn er den Hit „Before I Fall To Pieces“als Song ankündigt über „Leute, die die Party eigentlich nicht verlassen wollen“, hat das schon fast biografische Züge. Zu „In The City“gibt der verschwitzte Lockenkopf im Scheinwerferkegel den Jim aorrison, steigert sich tempomäßig wie ein Hochgeschwindigkeitszug und ist dabei so herrlich theatralisch, dass man ihn sofort für die „Rocky Horror Picture Show“besetzen möchte.
„Vielen Dank“, sagt Borrell fast ein wenig bescheiden, wenn ihm mal wieder der Jubel entgegenbrandet. Mit „Who Needs Love?“hat er so was wie den Anti-Song zum Valentinstag im Programm. „Olympus Sleeping“, der Titelsong vom tollen neuen Album, fügt sich nahtlos in den alten Hit-Reigen ein. Wie fantastisch Borrell bei Stimme ist, zeigt sich spätestens bei der Lagerfeuer-Ballade „Wire To Wire“, mit der Razorlight vor einer Dekade auch in Deutschland zu Stars wurden. Wie gut, dass sie endlich wieder da sind!