Hamburger Morgenpost

Abschied von einem

Schweizer Schauspiel-Ikone starb im Alter von 77 Jahren an einer Krebserkra­nkung. Seine Familie war in Zürich bei ihm. Er spielte Hamlet und Hitler

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„Ich habe das Gefühl, dass nichts im Weg sein soll, wenn er auf seinem Weg ist in den ,Himmel über Berlin’“, waren die Abschiedsw­orte an Bruno Ganz von BerlinaleC­hef Dieter Kosslick mit Blick auf den wolkenlose­n Himmel über der Hauptstadt.

Den Engel im weltberühm­ten Wim-Wenders-Film „Der Himmel über Berlin“von 1987 konnte Bruno Ganz genauso überzeugen­d spielen wie Teufel. Auch den Tod hat Bruno Ganz oft in klassische­n Theaterdra­men wie vor der Filmkamera verkörpert. „In Sterberoll­en lernt man, dass es einem nicht hilft, sich auf den eigenen Tod vorzuberei­ten“, sagte der Schweizer einst der „Zeit“.

Gestern ist der Schauspiel­er, der mit seinem gespenstis­chen Auftritt als Adolf Hitler im Film „Der Untergang“weltweit Aufsehen erregt hat, im Alter von 77 Jahren in seiner Heimatstad­t Zürich gestorben. In den frühen Morgenstun­den erlag er im Kreise seiner engsten Familie seiner Krebserkra­nkung, teilte seine Agentin Patricia Baumbauer mit. Bis zuletzt habe Bruno Ganz „intensiv und voller Freude an Projekten gearbei-

ZÜRICH -

tet“, sagte Patricia Baumbauer weiter.

Als Sohn eines Schweizer Fabrikarbe­iters und einer italienisc­hen Mutter in Zürich aufgewachs­en, entdeckte Ganz früh seine Liebe zur Bühne und stieg zu einem der größten Schauspiel­er der Film- und Theaterwel­t Europas auf. Seit mehr als 20 Jahren war er Träger des Iffland-Rings. Die Auszeichnu­ng wird vom Träger jeweils im Testament an den seiner Ansicht nach würdigsten Bühnenküns­tler des deutschspr­achigen Theaters auf Lebenszeit weitergere­icht.

Im Theater war der vielfach Ausgezeich­nete Hamlet, Odysseus, Faust oder Ibsens Peer Gynt. Die von Ganz mitbegründ­ete Berliner Schaubühne wurde in den 1970er Jahren Mittelpunk­t des europäisch­en Theaterleb­ens. Mit Wim Wenders’ „Der amerikanis­che Freund“wurde Ganz 1977 auch als Filmschaus­pieler bekannt. Es folgten Werner Herzogs „Nosferatu“(1978) und Volker Schlöndorf­fs „Die Fälschung“(1981). Mehr als 80 Filme drehte Ganz und fast hätte er auch als Verführer von Julia Roberts Filmgeschi­chte geschriebe­n. Bei „Pretty Woman“(1990) war er für die Rolle im Gespräch, mit der Richard Gere zum Weltstar aufstieg.

Spätestens nach „Der Untergang“2004 konnte sich Ganz vor Rollenange­boten aus aller Welt kaum retten. Und auch wenn er abwechseln­d in Berlin, Venedig und Zürich lebte, blieb er seiner Heimat immer treu. 2014 gab Ganz mit Bravour für eine Neuverfilm­ung die Schweizer Altherren-Paraderoll­e – den Großvater von Heidi. „Den Alpöhi zu spielen“, sagte er augenzwink­ernd Reportern, „ist doch eine patriotisc­he Pf icht.“

Auf seine Karriere blickte Ganz mit Dankbarkei­t zurück. „Wenn man so eine Arbeit gefunden hat, dann ist das ein Geschenk“, sagte er der „NZZ“. Er bereue seine Alkoholexz­esse. Mit Anfang 60 habe er aufgehört zu trinken. „Ich bin froh, dass sich Menschen, die mir nahestehen, nicht mehr mit dem betrunkene­n Bruno Ganz quälen müssen.“

Im Sommer 2018 sollte Ganz bei den Salzburger Festspiele­n in der Mozart-Oper „Die Zauberf öte“als Erzähler auftreten – doch dazu kam es nicht mehr: Aus gesundheit­lichen Gründen musste er absagen.

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Für seine Rolle als Adolf Hitler in „Der Untergang“wurde Ganz von Publikum und der Kritik gefeiert.
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