Hamburger Morgenpost

Aus Liebe? 5 Schüsse auf Hells Angel

Rockerboss im Bentley schwer verletzt. Staatsanwa­lt: Es war ein Mordkomplo­tt der eifersücht­igen Hure Lisa

- THOMAS HIRSCHBIEG­EL t.hirschbieg­el@mopo.de

Sie observiert­e Hells-AngelsBoss Dariusch „Dari“F. über Stunden. Sie fuhr den Mercedes, aus dem ein Killer auf den Rocker feuerte. Die Rede ist von Lisa S. (23). Die Prostituie­rte soll laut Staatsanwa­ltschaft hinter dem Mordanschl­ag auf den Hells-AngelsBoss Dariusch F. stecken. Der 38-Jährige war am 26. August 2018 in seinem Bentley angeschoss­en worden. Der Prozess beginnt am 27. Februar. Die Hintergrün­de des spektakulä­ren Verbrechen­s im Rockermili­eu erinnern an Serien wie „4 Blocks“.

Die „Trattoria Palermo“an der Hein-Hoyer-Straße gegenüber

der Davidwache ist ein solider Italiener mit Pizza und Pasta. Wirt Giuseppe hat viele Stammgäste, einer davon ist Dariusch F. Der 38-Jährige ist Kampfsport­ler, war als junger Mann bei der Bundeswehr im Kriegseins­atz, und im Krieg befindet er sich irgendwie immer noch. Denn Dariusch F. ist „Sergeant at Arms“des Hamburger HellsAngel­s-Charters Southport. Das bedeutet, er ist für „Disziplin“, „Waffen“und den Schutz der Gruppe zuständig. Doch wichtiger: „Dari“ist eine der Führungsfi­guren der berüchtigt­en Rockerband­e in Norddeutsc­hland und wegen seiner Härte gefürchtet.

Die Vorgeschic­hte

Das bekamen die Mitglieder der „Mongols“zu spüren, die meinten sich 2015 mit den Hells Angels anlegen zu müssen. Sie stellten sogar die Grundsatz-Frage: Wer hat die Macht im Hamburger Rotlichtmi­lieu? Ein paar Schießerei­en später war die Frage geklärt – die Mongols verließen die Stadt. Den „Angels“konnte bis heute nicht nachgewies­en werden, hinter den Attacken gesteckt zu haben.

Ein Mongols-Führungsmi­tglied allerdings meinte auch nach dem Rocker-Krieg Dariusch F. weiter im Netz beleidigen zu müssen: Arasch R. Der 28-Jährige ist der Freund von Lisa S. und genau wie sie jetzt des gemeinscha­ftlichen versuchten Mordes an Dariusch F. angeklagt. Das Paar war 2016 von einem Unbekannte­n in Schnelsen mit zwei Waffen niedergesc­hossen und schwer verletzt worden. Lisa S. wurde von Kugeln in Brust, Schulter und Ellenbogen getroffen, schwebte zeitweise in Lebensgefa­hr.

Die Stunden vor dem 1ordanschl­ag

Am 26. August 2018 sind die Verletzung­en verheilt und die Prostituie­rte sitzt in einem silber-grauen 200er Mercedes-Coupé. Sie fährt von ihrer Wohnung in Jenfeld nach St. Pauli. Unterwegs steigt ein bis heute unbekannte­r Mann zu. Er hat eine Pistole vom Kaliber 7,65 Millimeter dabei. Überwachun­gskameras zeichnen auf, wie der Wagen gegen 21 Uhr an der Ecke Hamburger Berg/Seilerstra­ße einparkt. Beide Insassen beobachten die „Trattoria Palermo“, vor der der weiße Bentley von Dariusch F. steht. Gegen 23.50 Uhr verlässt der Angels-Boss das Lokal, steigt in sein Auto und fährt los. Lisa S. verfolgt ihn im Mercedes bis zum nahen Millerntor­platz.

Die Schüsse

An der Budapester Straße halten beide Fahrzeuge nebeneinan­der an der roten Ampel. Der Beifahrer im Mercedes lässt die Scheibe runter und schießt fünf Mal auf die Fahrertür des Bentley. Der Mercedes wendet, rast Richtung Neuer Pferdemark­t und Stresemann­straße davon. Fahrerin und Schütze entkommen zunächst.

Die Besatzung eines Peterwagen­s hört die Schüsse und rast zum Tatort. Dariusch F. sitzt stöhnend auf dem Fahrsitz, Blut läuft auf die Fahrbahn. Die Beamten leisten Erste Hilfe. Die Kugeln haben den Angels-Chef an Schultern, Hinterkopf und Brust getroffen. Der Schwerverl­etzte kommt in eine Klinik. Im Kofferraum des Bentley finden Polizisten eine schusssich­ere Weste. Dariusch F. hatte sie nicht angelegt – vermutlich wegen der Hitze.

Die Flucht

Zu dieser Zeit ist Lisa S. auf dem Weg in ein Bordell in Hessen, in dem sie anschafft. Einige Tage später wird sie verhaftet. Sie sitzt bis heute in U-Haft. Und noch einer sitzt in Hamburg in Haft – bereits seit 2016: ihr Freund Arasch R. Wegen Waffen- und Drogendeli­kten. Er soll den Mordanschl­ag auf Dariusch F. mit Lisa S. geplant haben und bestreitet die Tat.

Das 1otiv

Arasch R. habe sich für den Mordanschl­ag auf ihn rächen wollen. Und dafür machte er die Hells Angels verantwort­lich. Das gilt sicher auch für Lisa S., auch sie wurde ja zum Opfer. Doch hinzu kam wohl noch ein stärkeres Motiv: Die 23-Jährige wollte die „Haupt- frau“von Arasch R. werden. Der hatte nämlich noch zwei weitere Freundinne­n, die ihn auch in der Haft besucht hatten. Doch Lisa S. träumte von Heirat und wollte vermutlich durch den Mordanschl­ag ihrem Geliebten beweisen, wie sehr sie ihn liebt.

Angels Boss in der Reha

Eine Reha-Einrichtun­g irgendwo im Norden. Dariusch F. kämpft eisern Tag für Tag darum, aus dem Rollstuhl zu kommen. Durch ein Geschoss ist ein Ödem an der Brust entstanden und das drückt bis heute aufs Rückenmark. Wird er sich rächen wollen? Gegenüber der Polizei schweigt der Rocker-Boss, er habe halt seine Regeln, sagte er lapidar den Ermittlern.

Der Prozess

Der Prozess wird unter schärfsten Sicherheit­svorkehrun­gen stattfinde­n. Bisher ist das Verfahren bis Ende Mai terminiert. „Bonnie und Clyde“, wie sich die beiden nennen, droht lebensläng­lich.

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Dariusch „Dari“F. bei einem Gerichtspr­ozess. Verurteilt worden ist der 38-Jährige in den letzten Jahren nicht. Aktuell wird aber wegen der Schüsse auf die „Mongols“an der Reeperbahn ermittelt. Die Beweislage allerdings ist dünn.
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Der Tatort Millerntor­platz. An der Fahrertür des Bentley sind Blutspuren von Dariusch F. zu sehen.
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Ex-1ongol Arasch R. Er sitzt bis heute im Untersuchu­ngsgefängn­is.
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Lisa 1elina S. bei ihrer Verhaftung am 4. September 2018 in Jenfeld

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