Rassismus-Probleme im Hamburger Fußball
Übergriffe keine Einzefälle
Tumulte auf der Tribüne, aufgebrachte Spieler, Beleidigungen, Schubsereien. Ein rassistischer Skandal in Barmbek hat den Hamburger Amateur-Fußball am Wochenende schockiert. Ein dunkelhäutiger Spieler wurde übel beschimpft, das Oberliga-Spiel zwischen dem HSV Barmbek-Uhlenhorst (BU) und Meiendorfer SV daraufhin abgebrochen (MOPO berichtete). Hat der Hamburger Amateur-Fußball ein Rassismus-Problem?
„So etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt der Trainer des Meiendorfer SV, Baris Saglam. Seine Elf verließ am Sonntag nach 77 Minuten bei Barmbek-Uhlenhorst den Platz, nachdem ein Barmbeker Fan den deutsch-ghanaischen MSVSpieler Lawrence Schön mit den Worten „Du Scheiß-Schwarzer“beschimpft hatte. „Wir sind alles Menschen, bei einer Verletzung kommt bei uns al- len rotes Blut raus“, sagt Saglam und urteilt über die ras- sistischen Rufer:
„Das sind Pappnasen, nicht in unsere Kultur
Der HSV Barmbek-Uhlenhorst wertet die Fan-Äußerung als „absolutes Fehlverhalten“, erteilte daraufhin Detlef Grandt ein Stadionverbot und kündigte den Vereinsausschluss an. Grandt, seit vielen Jahren Fankoordinator des Vereins, sieht sich jedoch zu Unrecht beschuldigt. In der fraglichen Szene habe er „Der ist nicht ganz dicht, du Schwarzer“gerufen und dies auf die Trikotfarbe die passen.“ der Meiendorfer bezogen: „Das war spontan und einfach dumm von mir, aber ich bin kein Rassist. Eine Aussage wie ,Scheiß-Schwarzer‘ würde ich niemals tätigen.“
Grandt, der sich in seinem holsteinischen Wohnort für eine eher linke Wählerinitiative engagiert, hat sich einen Anwalt genommen, um gegen die Vorwürfe und den Vereinsausschluss vorzugehen. Er behauptet: „Im Moment erlebe ich einen totalen Spießrutenlauf.“
Im Dezember 2018 stellte der Präsident des Hamburger Fußball-Verbands (HFV), Dirk Fischer, in einem Aufruf gegen Rassismus fest: „Anfeindungen insbesondere aufgrund von Herkunft nehmen zu.“Eine zunehmende Zerrissenheit der Gesellschaft mache auch vor dem Fußball nicht halt, so Fischer.
Carsten Byernetzki, Sprecher des Hamburger Fußballverbandes, sagt: „Die bei uns gemeldeten Fälle sind zum Glück sehr selten.“Er bekräftigt aber: „Wenn so etwas passiert, muss auch konsequent durchgegriffen werden. Solche Dinge nehmen wir sehr ernst.“2013 startete der Verband die Kampagne „Hamburgs Fußball zeigt Flagge“gegen körperliche und verbale Gewalt. „Rassismus ist eine Form von verbaler Gewalt, der man sofort Einhalt gebieten muss“, so Byernetzki.
In der Vergangenheit gab es einige spektakuläre Fälle: Im September 2017 rief der Teutonia-05-Manager Bert Ehm auf einer Pressekonferenz völlig unvermittelt „Sieg Heil!“Der Ottenser Verein trennte sich vom langjährigen Erfolgstrainer. Ehm entschuldigte sich und erhielt vom Verband ein Tätigkeitsverbot für mehrere Monate. Im Februar 2016 kam es beim Landesliga-Spiel HSV III – Teutonia 05 zu Prügelszenen, nachdem ein ausgewechselter Teutonia-Kicker von HSV-Fans am Bierstand rassistisch beleidigt worden sein soll. Das Verbandsgericht verurteilte den HSV zu zwei Spielen ohne Zuschauer und einem mehrmonatigen Ausschankverbot von hartem Alkohol. Vier handgreiflich gewordene TeutoniaSpieler wurden für bis zu drei Jahre gesperrt.
Viele Vorfälle landen aber gar nicht beim Verband. „Es wird zu selten darüber geredet, aber man merkt in vielen Momenten, wie verankert Rassismus ist“, sagt ein langjähriger Oberliga-Spieler, der einen Migrationshintergrund hat: „Der Tenor ist oft: ,Ihr seid ja ganz nett, aber alle anderen Migranten gehen gar nicht.‘“Seit einigen Jahren würden neue Mauern zwischen den Menschen gezogen, „das holt uns auf dem Fußballplatz ein. Alltagsrassismus wird wieder salonfähig.“
Es geht auch anders: Als die Neonazi-Gruppe „Hamburg Vikings“im November 2015 beim Oberliga-Spiel SC Victoria – Barmbek-Uhlenhorst rechtsextreme Sprüche verbreitete, taten sich Fans von „Vicky“und BU zusammen, um das Dutzend Nazis aus dem Stadion Hoheluft zu
befördern.
Dass größere Gruppen den Amateurfußball als Plattform für ihre rassistische Ideologie benutzen, war in den vergangenen Jahren eher selten der Fall. Dafür sinkt in Zeiten des AfD-Höhenflugs die Hemmschwelle bei einzelnen Fans. Als der Barmbeker Torschütze Achraf Ouro-Gnaou beim Oberliga-Spiel am 9. Mai 2015 in Curslack-Neuengamme am Boden lag, forderte ein Curslacker Zuschauer: „Kratzt den braunen Dreck vom Rasen!“Der Ausfall gegen den Togoer hatte keine Konsequenzen – wie die meisten Fälle von Rassismus auf oder neben dem Platz. „Alles können wir gar nicht mitbekommen“, sagt Verbandssprecher Byernetzki.
Der jüngste Fall in Barmbek wird nun vom Verband aufgearbeitet. Schiedsrichter Thore Holst hat einen Sonderbericht verfasst, voraussichtlich Anfang März befasst sich das HFV-Sportgericht mit den Geschehnissen.
Das war spontan und einfach dumm von mir, aber ich bin kein Rassist. Eine Aussage wie ,ScheißSchwarzer’ würde ich niemals tätigen. Barmbek-Fan Detlef Grandt