Hamburger Morgenpost

Er kam als Zeuge, jetzt sitzt er im Gefängnis Bayerische Justiz setzt Kieler Azubi fest

- STEPHANIE LAMPRECHT s.lamprecht@mopo.de

Robin F. (23) aus Kiel wurde im Sommer 2017 zufällig Zeuge einer Schlägerei in Bamberg (Bayern). Anderthalb Jahre später wird der Koch-Azubi aus Norddeutsc­hland im bayerische­n Gerichtssa­al verhaftet. Die Staatsanwa­ltschaft wertet seine Erinnerung­slücken als uneidliche Falschauss­age und versuchte Strafverei­telung. Nicht einmal seine Mutter darf ihn in der UHaft besuchen.

Der „Sandstraße­nprozess“sorgt seit Wochen in Bamberg für Schlagzeil­en, immerhin geht es um versuchten Totschlag in einer bei Kneipengän­gern beliebten Altstadtga­sse. Zwei Gruppen waren an einem Juliabend 2017 in Streit geraten, am Ende lag ein Mann mit schwersten Schädelver­letzungen auf dem Asphalt.

Zwei Männer sind nun angeklagt, einer soll die nahezu tödlichen Verletzung­en durch einen Tritt verursacht haben. Robin F. hatte an jenem Abend in Bamberg Station gemacht, auf einer Fahrt mit seinem VW-Bus von Kiel nach Italien. Nie zuvor war er dort gewesen, kannte dort nur eine Bekannte, bei der er übernachte­n wollte. Am Abend gingen beide in die Sandstraße, sahen das Opfer auf dem Boden liegen, gaben der Polizei ihre Personalie­n.

Robin F. macht im Plöner Schloss in der „Akademie Fielmann“des Optiker-Königs eine Ausbildung zum Koch. Bis zum 11. Februar 2019 hört der junge Mann nichts von den bayrischen Ermittlung­sbehörden. An jenem Tag stehen Kripobeamt­e vor seiner Tür, überbringe­n eine Ladung für den Verhandlun­gstermin am 13. Februar in Bamberg. Der pflichtbew­usste Robin meldet sich sofort bei der Berufsschu­le ab und besorgt sich ein Bahnticket.

Am Nachmittag des Prozesstag­es bekommt Robins Mutter Juliana F. einen Anruf: „Die Kripo sagte mir, dass Robin im Saal verhaftet wurde. Ich durfte kurz mit meinem Sohn sprechen, er war aufgelöst, sagte: ,Mama, ichhabeall­esgesagt,wasich gesehen habe, und jetzt muss ich ins Gefängnis.‘“

Erlassen wurde der Haftbefehl vom Amtsgerich­t Bamberg. Gerichtssp­recher Peter Neller zur MOPO: „Auf einem Video ist zu sehen, wie Robin F. am Tatort entlangläu­ft. Er gab an, sich nicht erinnern zu können, dass er dort gelaufen ist, und blieb bei seiner Falschauss­age.“Die Staatsanwa­ltschaft wertet die Erinnerung­slücken als versuchte Strafverei­telung, ohne zu erklären, warum ein junger Koch aus Kiel den ihm unbekannte­n Angeklagte­n aus Bamberg schützen sollte.

Robin F. sitzt derzeit in der JVA Bayreuth, darf keinen Besuch bekommen. Juliana F.: „Es ist, als hätten die mein Kind entführt.“

Mein Sohn sagte zu mir am Telefon: ,Mama, ich habe denen alles gesagt, was ich gesehen habe. Und jetzt muss ich ins Gefängnis.‘ Mutter Juliana F.

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Robin F. (23) wurde im Juli 2017 zufällig Zeuge einer Schlägerei in Bamberg (Bayern). Im Februar 2019 machte er seine Aussage – und wurde im Gerichtssa­al verhaftet.
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