Hamburger Morgenpost

Darum sieht die GroKo so alt aus

In Umfragen kommen SPD und Union bei Jugendlich­en nur auf je elf Prozent

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Junge Leute interessie­ren sich kaum mehr für CDU und SPD. Regiert die GroKo an den Bedürfniss­en der Jugend vorbei? Ja, sagt ein Experte. Er sieht aber noch ein anderes Problem: In der jüngsten Forsa-Umfrage kommen SPD und CDU bei Schülern und Studenten nur noch auf je 11 Prozent. Nie war ihr Wert schlechter. Und auch in der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen erreichen die Koalitions-Parteien nur 22 (Union) bzw. 13 Prozent (SPD). Bei der Jugend dominieren die Grünen. Warum ist das so?

„Vor allem die emotionale Distanz von SPD und Union zu jungen Menschen ist das Problem“, erklärt der Jugendsozi­ologe Bernhard Heinzlmaie­r dem Redaktions­Netz- werk Deutschlan­d (RND). „In diesen Parteien sind schon die Jungen alt. Denken Sie an den 26-jährigen CDU-Politiker Philipp Amthor. Anzug. Scheitel. Politikers­prache. Einem solchen Typen begegnen 99,99 Prozent der Jugendlich­en in ihrem Alltag nicht.“Vielen Jugendlich­en stünden die Grünen „lebenswelt­lich“noch am nächsten.

Zudem kreiste die Politik zu sehr um Themen, die Jugendlich­e nicht interessie­ren. „Zum Beispiel die Rentendeba­tte. Die meisten Jugendlich­en wissen, dass sie auf die gesetzlich­e Rente sowieso nicht mehr zählen können.“

Vor allem in drei Politikber­eichen ist der Nachwuchs momentan auf den Barrikaden: ➤ Rentenpoli­tik Die Grundrente von Arbeitsmin­ister Hubertus Heil hat der SPD in Umfragen geholfen. Doch viele Jüngere sehen das Vorhaben kritisch. „Mit ihrer Rentenpoli­tik geht die große Koalition derzeit an den Interessen der jungen Generation vorbei“, sagt Mark Hauptmann, Vorsitzend­er der Jungen Gruppe in der CDU/CSUBundest­agsfraktio­n, dem RND. Die „Juli“-Chefin Ria Schröder kritisiert, eine Grundrente würde Haushaltsl­öcher in Milliarden­höhe entstehen lassen, die von der jüngeren Generation gestopft werden müssten.

➤ Umweltpoli­tik Seit Wochen protestier­en Schüler unter dem Hashtag #FridayForF­uture gegen die Klimapolit­ik. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) rückte die Proteste auf

der Münchner Sicherheit­skonferenz in die Nähe einer aus Russland gesteuerte­n Kampagne. Als die schwedisch­e Umweltakti­vistin Greta Thunberg (16) jüngst den Kohleausst­ieg Deutschlan­ds im Jahr 2038 als zu spät und „absurd“kritisiert­e, fiel ausgerechn­et der CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak (33) auf Twitter über sie her.

➤ Internetpo­litik Die Generation Youtube läuft gegen das geplante Leistungss­chutzrecht und sogenannte Upload-Filter Sturm, die das Urheberrec­ht im Internet schützen sollen. Am Montag übergaben Youtuber insgesamt 4,7 Millionen Unterschri­ften an Justizmini­sterin Katarina Barley (SPD). Sie wittern „Zensur“. Mobilisier­t hatten vor allem junge Youtuber wie LeFloid.

Heinzlmaie­r glaubt nicht, dass sich der Trend gegen die GroKo-Parteien noch einmal ändert: „Die sozial bessergest­ellten Jugendlich­en haben das Gefühl, sie brauchen die Parteien nicht mehr, um ihre Interessen durchzuset­zen. Sie suchen sich andere Wege. Und diejenigen mit niedrigere­m Einkommen glauben nicht mehr, dass die Politik ihre Probleme lösen kann.“

 ??  ?? Fridays For Future: Mit einem Schülerstr­eik fordern Schüler und Schülerinn­en anlässlich der Sitzung der Kohlekommi­ssion den sofortigen Kohleausst­ieg
Fridays For Future: Mit einem Schülerstr­eik fordern Schüler und Schülerinn­en anlässlich der Sitzung der Kohlekommi­ssion den sofortigen Kohleausst­ieg
 ??  ?? Über 10 000 Schüler und Studierend­e protestier­en vor dem Bundesmini­sterium für Wirtschaft und Energie in Berlin.
Über 10 000 Schüler und Studierend­e protestier­en vor dem Bundesmini­sterium für Wirtschaft und Energie in Berlin.
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