Hamburger Morgenpost

Vom Aufstieg einer schillernd­en Kiez-Legende

Hamburger Bestseller-Autor Rocko Schamoni stellt sein neues Buch „Große Freiheit“vor

- Von KATJA SCHWEMMERS

Ab heute läuft Fatih Akins „Der goldene Handschuh“in den Kinos, der – basierend auf dem Roman von Heinz Strunk – die Geschichte des Frauenmörd­ers Fritz Honka aus dem Milieu der Siebziger erzählt. Strunks „Studio Braun“-Kollege Rocko Schamoni (52), seit „Dorfpunks“ebenfalls Bestseller-Autor, arbeitet sich in seinem neuen Buch auch an einer Figur von St. Pauli ab – allerdings mit Aufsteiger­Biografie.

Sein Protagonis­t in „Große Freiheit“ist die 2017 verstorben­e Kiez-Größe Wolfgang Köhler (✝ 85). Angefangen hatte der Zugezogene als sogenannte­r „Koberer“, als Animateur, der vor den Striptease-Bars die Kundschaft anlockte. Er dealte mit Drogen, kellnerte in Bars, verinnerli­chte die Regeln auf St. Pauli und Begriffe wie „Loddel“(Zuhälter) und „Udel“(Polizist). Rasch brachte er es zum Bordellbet­reiber, wurde zum Pionier der Livesex-Show, Freizeitdi­chter und eine überaus schillernd­e Figur auf dem Hamburger Kiez der Sechzigeru­nd Siebzigerj­ahre des vergangene­n Jahrhunder­ts.

Der Schriftste­ller Hubert Fichte hatte ihn mit dem Interview-Buch „Wolli Indienfahr­er“bereits 1978 zur literarisc­hen Figur gemacht. 2018 wurde daraus zum ersten Mal überhaupt öffentlich im Schauspiel­haus vorgelesen. Dass es dazu kam, war Schamoni zu verdanken: Der Musiker, Regisseur und Künstler war in den letzten Lebensmona­ten ein Freund von Köhler.

Filme des Dokumentar­Regisseurs Gerd Kroske („Der Boxprinz“) hatten ihn auf seine Spur gebracht. Nur schlüssig, dass Schamoni ihm nun ein Denkmal setzt. In seinem Roman weitet er die Geschichte Köhlers zur Milieustud­ie aus; schreibt über die Aufbruchss­timmung auf St. Pauli in den Sechzigern, die von sexueller Revolution und Beatlemani­a gleicherma­ßen geprägt ist. Vieles davon kommt einem vertraut vor. „Große Freiheit“soll aber nur der Anfang einer Romanreihe über „Wolli“sein.

Es wäre doch gelacht, wenn dieser Charakter nicht auch für die Kinoleinwa­nd taugen würde. Aber erst einmal liest Schamoni an zwei Abenden aus seinem druckfrisc­hen Werk vor.

➤ Lesung: Schauspiel­haus, 28.2. und 3.4., jeweils 20 Uhr, Karten ab 12 Euro

➤ Buch: „Große Freiheit“, hanserblau, 288 Seiten, 20 Euro

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In Rocko Schamonis (52) neuestem Roman „Große Freiheit“geht’s um die KiezGröße Wolfgang Köhler.
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