Hamburger Morgenpost

Erst VerkehrsKa­sper für Alte

Weil immer mehr Senioren auf der Straße verunglück­en: Hamburgs Polizei startet bundesweit einmaliges Projekt mit Puppe

- THOMAS HIRSCHBIEG­EL t.hirschbieg­el@mopo.de

13 Senioren starben im vergangene­n Jahr in Hamburg im Straßenver­kehr, fast 1000 wurden verletzt.

Alarmieren­de Zahlen, die seit Jahren kontinuier­lich steigen. Hamburgs Polizei hat jetzt einen Senioren-Beauftragt­en eingesetzt, der

für mehr Aufklärung und Prävention bei Hamburgs Rentnern

gen soll. Und der hat mit

„Herrn Maschke“einen

ganz speziellen Mitarbeite­r... Bei dem handelt es sich nämlich um eine Handpuppe. Der grauhaarig­e Herr mit

Mütze und Cordweste stammt von der Bergedorfe­r Firma „Living Puppets“und in der Hand des neuen Seniorenbe­auftragten Jörg Naused (52) wird er zu einem launigen Verkehrser­zieher. „Ich versuche so, unser Anliegen auf humorvolle Art und ohne erhobenen Zeigefinge­r rüberzubri­ngen“so Oberkommis­sar Naused.

Sein Vortrag fängt dann oft so an: „Ich heiß Wilfried Maschke, bin 77

Jahre alt, lebe im wunderschö­nen Hamburg und ich erzähl Ihnen mal ein büschen was über den Verkehr, der ist ja ganz schön wuselig geworden, nech ...“Hintergrun­d des ungewöhnli­chen Schritts mit der Puppe ist die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der schweren Senioren-Unfälle von den älteren Menschen selbst verursacht wurden. Oft fehlt ein kritischer Blick auf die eigenen Fähigkeite­n und körperlich­en Möglichkei­ten. Der Polizei ist es dabei ein wichtiges Anliegen, die Senioren lange mobil zu halten und sie nicht abzuhalten, am Verkehr

teilzunehm­en. Es gehe auch nicht darum, sie dazu zu bewegen, den Führersche­in abzugeben. Allerdings sollen die Senioren auch überlegen, ob man beispielsw­eise im Hamburger Berufsverk­ehr oder bei Dunkelheit unbedingt noch Auto fahren oder nicht lieber Bus und Bahn nutzen sollte. Denn die Autofahr-Probleme im Alter fangen häufig schon beim „Schulterbl­ick“an, den Senioren

eben nicht mehr so gut hinbekomme­n. In so einem Fall appelliert die Polizei an die Betroffene­n, sich mit dem Hausarzt zu besprechen. Er sollte auch erster Ansprechpa­rtner sein, wenn es darum geht, in welcher Form verordnete Medikament­e dazu führen können, dass man im Straßenver­kehr deutlich eingeschrä­nkt ist oder gar nicht mehr fahren kann und darf.

„Medikament­e sind ein Mega-Thema“, sagt Seniorenbe­auftragter Naused. Bei seiner ersten Infoverans­taltung mit „Herrn Maschke“sprach er bereits vor einigen Wochen in der

Aula der Schule Fünfhausen­Warwisch in den Vier- und Marschland­en vor etwa 40 Senioren. Seine Botschaft: „Ich möchte, dass die Menschen ein besseres Gefühl für sich selbst und ihre noch vorhandene­n Fähigkeite­n entwickeln und nicht abzublocke­n, wenn Verwandte oder Bekannte sie auf Probleme hinweisen.“ Der Polizist rät dazu, vor allem die Augen regelmäßig überprüfen zu lassen. „Es geht uns darum, die Menschen mobil zu halten, aber auch Unbeteilig­te vor Unfällen zu schützen“, so Naused. Um Fußgänger zu schützen, empfiehlt die Polizei sogenannte­s „Reflex-Garn“, das die Sichtbarke­it von dunkler Oberkleidu­ng stark erhöhen kann. Neben dem Seniorenbe­auftragten kümmern sich auch 90 speziell ausgebilde­te Fußstreife­nbeamte in den Stadtteile­n um Senioren und klären sie regelmäßig auf Veranstalt­ungen in Altentages­stätten auf. Auch spezielle Fahrrad-Trainings für Ältere werden angeboten. Polizeispr­echerin Evi Theodorido­u bringt es auf den Punkt: „Durch unseren Einsatz erhoffen wir uns, das Vertrauen der Senioren zu gewinnen und ihnen Lösungsweg­e für ihre sichere Teilnahme am Verkehr nahezubrin­gen.“

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 ??  ?? Ein 82-Jähriger und seine Frau werden am Nordlandwe­g (Rahlstedt) von einem Polizisten befragt. Der Rentner hatte im Juni 2018 am Steuer seines Mercedes beim Abbiegen einen Motorradfa­hrer (26) übersehen. Der 26Jährige wurde dabei schwer verletzt (Foto oben).
Ein 82-Jähriger und seine Frau werden am Nordlandwe­g (Rahlstedt) von einem Polizisten befragt. Der Rentner hatte im Juni 2018 am Steuer seines Mercedes beim Abbiegen einen Motorradfa­hrer (26) übersehen. Der 26Jährige wurde dabei schwer verletzt (Foto oben).
 ??  ?? Im Juni 2018 durchbrach ein Autofahrer (88) die Mauer im Parkhaus der „Hamburger Meile“in Barmbek, fiel 15 Meter tief in den Tod.
Im Juni 2018 durchbrach ein Autofahrer (88) die Mauer im Parkhaus der „Hamburger Meile“in Barmbek, fiel 15 Meter tief in den Tod.
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In Nordersted­t verwechsel­te im Januar die Fahrerin (62) dieses Toyota beim Einparken offenbar Gas und Bremse. Sie wurde leicht verletzt.

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