Kann Trump jetzt doch noch seine Ehre retten?
RUSSLANDAFFÄRE Abschlussbericht enthält wohl nichts Kompromittierendes für US-Präsidenten
WASHINGTON - Die „Hexenjagd“ist fürs Erste beendet: US-Sonderermittler Robert Mueller hat seinen Bericht zu den Russland-Ermittlungen dem Justizministerium übergeben. Noch ist dieser nicht öffentlich. Aber es deutet sich an, dass Präsident Donald Trump nicht mit einer Anklage rechnen muss. Eine Amtsenthebung wird damit unwahrscheinlicher. Gab es eine Zusammenarbeit zwischen Trump oder seinem Wahlkampfteam mit russischen Agenten, um die US-Wahlen im Jahr 2016 zu manipulieren? Und: Hat Trump womöglich später als Präsident die Ermittlungen dazu systematisch behindert? Diesen Fragen gingen Mueller und sein Team fast zwei Jahre lang nach. Im Zuge der Ermittlungen wurden 34 Personen angeklagt, darunter auch mehrere enge Vertraute Trumps wie sein ehemaliger Anwalt Michael Cohen. Sein Ex-Wahlkampfchef Paul Manafort wurde kürzlich zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt – allerdings nicht in Zusammenhang mit der RusslandAffäre, sondern wegen Steuerhinterziehung.
Wie mehrere US-Medien unter Berufung auf anonyme Quellen im Justizministerium berichten, empfiehlt Mueller auf Grundlage des Berichts keine weiteren
Anklagen. Vor allem Schwiegersohn Jared Kushner und Donald junior galten als Kandidaten für weitere Ermittlungen. Sie pflegten erwiesenermaßen Kontakte nach Russland. Beweise für strafbares Verhalten hat Mueller in diesem Zusammenhang aber offenbar nicht gefunden. Endgültig aus dem Schneider wäre Trump damit aber noch nicht. Die Staatsanwaltschaften in New York oder Washington könnten sich noch entschließen, ihrerseits Anklage zu erheben.
Und der Bericht könnte Trump auch noch auf andere Weise belasten und Beweise für eine Kooperation beinhalten. US-Justizminister William Barr kündigte an, den Kongress über die Schlussfolgerungen des Abschlussberichts schnellstmöglich zu informieren. Dabei solle es „so viel Transparenz wie möglich geben“. Das von den Demokraten dominierte Repräsentantenhaus hatte kürzlich
einstimmig gefordert, den Bericht zu veröffentlichen. Die letzte Entscheidung darüber liegt aber bei Barr, der erst seit Februar im Amt ist. Beobachter halten es für möglich, dass Barr einen unschönen Mittelweg wählt: den Bericht veröffentlichen, aber großzügig Textstellen schwärzen.
Trump selbst hatte immer wieder erbost auf die MuellerErmittlungen reagiert und diese mehrfach als „Hexenjagd“verunglimpft. „Keine geheimen Absprachen!“, war zwei Jahre lang sein in der Öffentlichkeit säuerlich vorgetragenes Mantra. Aber eine Twitter-Attacke oder ein Statement Trumps blieben diesmal zunächst aus. Das Weiße Haus reagierte betont gelassen: „Wir kennen den Inhalt des Berichts noch nicht. Wir erwarten, dass die Angelegenheit nun ihren Lauf nimmt“, erklärte Sprecherin Sarah Sanders.
Nancy Pelosi, Chefin der Demokraten im Repräsentantenhaus, forderte umgehend eine komplette Veröffentlichung des Mueller-Berichts. Die Opposition treibt unabhängig von Mueller eigene Untersuchungen voran. Das Fernziel dabei: ein Amtsenthebungsverfahren. Dies will Pelosi aber nur einleiten, wenn es dafür zwingende Gründe gebe und eine breite Unterstützung der Öffentlichkeit sicher sei.