Auf den Spuren der Buckel-
Händler brachten jahrhundertelang Heilmittel aus Thüringen zu Fuß nach ganz Europa. Heute wandern Touristen auf den Olitätenwegen durchs Schwarzatal
Von INA PACHMANN
Kaum zu glauben, aber es gibt Gegenden, in denen man über die Bahn nicht meckern kann. Es gibt einfach keinen Grund. Das Schwarzatal in Thüringen ist so eine Region. Hier sind die Züge hübsch anzusehen und pünktlich sind sie auch. Sogar Cabrios sind im Einsatz.
Wer etwa ab Obstfelderschmiede die Standseilbahn benutzt, kann in diesen offenen Wagen 18 Minuten bergan fahren. Seit fast hundert Jahren verrichtet die ungewöhnliche Bergbahn ihre Dienste, früher vor allem beim Transport der Materialien für die Glas- und Porzellanproduktion, heute im sogenannten kleinen Personenverkehr. Im Schritttempo bekommt man einen Einblick in die Besonderheiten des Schwarzatales. Holzskulpturen neben der Strecke zeigen eine Kräuterfrau und einen Buckelapotheker, eine Fröbelbank und ein Porzellanregal.
Die 1 400 Meter zwischen Obstfelderschmiede und Lichtenhain fassen zusammen, was das Schwarzatal einmal ausmachte und noch immer ausmacht. Hier wachsen die Kräuter, vom 16. bis 20. Jahrhundert die Grundlage für den Olitätenhandel oder anders ausgedrückt: den Export von Naturheilmitteln in die ganze Welt.
In Lichtenhain dann das nächste BahnHighlight: die Olitätenbahn, die seit 2016 zur Fahrt nach Oberweißbach und Cursdorf einlädt. Mit Blumen bemalt sind die beiden umgebauten historischen Triebwagen der Deutschen Bahn. Im Inneren schwirren Libellen und Schmetterlinge über getuschte Wiesen, auf dem Boden krabbeln gezeichnete Ameisen und Marienkäfer und dicke Hummeln sitzen auf blühenden Kräutern. Wie diese getrocknet riechen, können Fahrgäste dank eines Duftkastens mit vielen kleinen Fächern erschnuppern. Wenn der Zug steht, ist das Summen von Bienen zu hören, das Röhren eines Hirsches oder das Quaken von Fröschen. Von Mai bis Oktober fahren die Olitätenwagen halbstündlich. Die Kräuterfrau Katharina Eichhorn geht mit uns den Oberweißbacher Kräuterlehrpfad, der Teil des 178 Kilometer langen Olitätenrundweges ist. Sie erzählt, wie der Olitätenhandel in früheren Jahrhunderten funktionierte. Die Kräuterfrauen sammelten Blüten, Blätter und Wurzeln, die Apotheker und Laboranten verarbeiteten sie und die Buckelapotheker trugen die Tinkturen, Salben oder Auszüge in einem Gestell auf dem Rücken auf Märkte und in Haushalte. Jeder Buckelapotheker ging – ausgestattet mit einem Pass über seine Qualifikation - eine bestimmte Linie, die ihm der Fürst zuwies. Dass sich dieser Wirtschaftszweig vor allem im Schwarzatal so gut entwickelte, ist ein Geschenk der Natur. Auf den kalkhaltigen Böden und den damals baumfreien Wiesen gediehen die Heilpflanzen besonders gut, sie waren der Reichtum der Region. Heute wachsen 150 verschiedene Arten allein entlang des 2,4 Kilometer langen Kräuterlehrpfades und am Fuße des Fröbelturms auf dem Kirchberg sind es besonders viele, weil hier auf einer Wiese 90 Arten ausgewildert wurden.
Zwischen elf und 14 Uhr, wenn Sonne und Wind den Tau auf den Pflanzen getrocknet haben, ist die beste Zeit, Blüten und Blätter von Kräutern zu sammeln. Wurzeln, sagt Katharina Eichhorn, sammle man besser am Abend oder idealerweise im Herbst, wenn sich die Pflanze zurückzieht und ihre Kräfte Wurzeln wandern. Färberginster, Wiesenlabkraut, Jakobsleiter, Hirtentäschel, Bibernelle und all die anderen Kräuter entlang der Olitätenwege sind beschildert und wer den QR-Code auf den Täfelchen mit dem Handy in die