Hamburger Morgenpost

Nicht mal Tote sind vor Betrügern sicher

Witwe Marianne W. wird jetzt mit Rechnungen und Mahnungen überhäuf

- OLAF WUNDER o.wunder@mopo.de

Es ist so unglaublic­h gemein! Nicht nur dass Marianne W. (72) mit dem plötzliche­n Tod ihres Mannes fertigwerd­en muss. Zu allem Überf uss missbrauch­en Betrüger auch noch die Identität des Verstorben­en und bestellen im Internet teure Kleidung und Parfüm. Das Resultat: Wenige Wochen nach der Beerdigung von Günter W. wird die Witwe regelrecht überf utet mit Rechnungen, Mahnungen und Inkassobri­efen.

„Als die erste Mahnung kam, habe ich noch gezweifelt: Hat mein Mann vielleicht tatsächlic­h eine Lederjacke über 182,89 Euro im Internet gekauft und vergessen zu bezahlen?“, sagt Marianne W. „Es hätte ihm allerdings nicht ähnlich gesehen, weil es nicht seine Art war, online einzukaufe­n.“

Als dann aber laufend neue Rechnungen kamen – für Parfüm, Sportartik­el, Mäntel, Hosen und Jacken –, schwante Marianne W., dass sie Opfer eines Betrugvers­uchs geworden war. Der letzte Zweifel daran war verf ogen, als sie sah, dass die Käufe nach dem Tod ihres Mannes erfolgt waren. Damit war klar: Jemand bereichert sich auf anderer Leute Kosten.

„Als ich zur Polizei bin und Strafanzei­ge erstattet habe, teilten mir die Beamten ihren Verdacht mit: Dass es offenbar die Masche der Täter ist, Traueranze­igen in den Zeitungen zu sichten und dann im Namen der Toten OnlineShop­ping zu betreiben.“ Und das kann teuer werden: Allein Marianne W. sah sich Forderunge­n in Höhe von rund 2000 Euro gegenüber. Mehrere Monate wollte die Flut von Inkassobri­efen einfach nicht abebben. Die Polizei riet Marianne W., gar nicht zu reagieren. „Aber das konnte ich nicht. Ich wollte endlich Ruhe haben. Deshalb ging ich so vor: Ich rief die Inkassoins­titute an, schilderte den Sachverhal­t und teilte ihnen das Aktenzeich­en der Polizei mit. In der Regel war damit Ruhe. Inzwischen sind die meisten Fälle von der Staatsanwa­ltschaft eingestell­t worden, weil es keine Chance gibt, die Täter zu finden.“

Lange Zeit kam dann nichts mehr, bis Anfang 2019 erneut eine Rechnung eintrudelt­e. Marianne W. reagierte darauf, indem sie die Forderunge­n schriftlic­h zurückwies und den Brief per Einschreib­en abschickte. Sie hofft, dass es sich damit erledigt hat.

„Ich bin unglaublic­h angeekelt über diese perfide Betrugsmas­che“, erzählt die 72-Jährige. „Ich bin sicher, dass sich viele Menschen nicht so wehren könnten wie ich, schon gar nicht in einer solchen Lage, wenn sie gerade fertigwerd­en müssen mit dem Verlust ihres Partners. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich jetzt an die Zeitung wende: Denn umso mehr müssen die Menschen gewarnt werden, damit sie nicht hineintapp­en, wenn jemand ihnen diese Falle stellt.“

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