Von wegen langweilig: Diese Wahl ist ein Thriller!
Wie viel Macht muss die SPD abgeben? Wie stark werden die Grünen?
Die Bezirkswahl morgen ist nicht einfach nur eine Wahl – sie ist der Auftakt eines Politik-Thrillers! Noch vor fünf Jahren räumte Hamburgs SPD in allen sieben Bezirken ab, wurde stets stärkste Kraft. Jetzt ist diese Vormachtstellung in Gefahr: Ausgerechnet ein Verbündeter wird nun zum erbitterten Widersacher …
➤ Die Grünen blasen zum Angriff! Der bundesweite Höhenflug soll ihnen auch bei der Bezirkswahl Traum-Ergebnisse bescheren – und sie an die Spitze der Bezirksversammlungen katapultieren. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“, heißt es immer wieder aus der Parteispitze. Und ja, eine solche Gelegenheit gibt’s für die Grünen vielleicht kein zweites Mal. Der eigene Aufwärtstrend paart sich in diesem Jahr mit einer extrem schwachen SPD-Performance. Zumindest auf Bezirksebene.
➤ Was droht der SPD im Bezirk Nord? Keine andere Partei musste in der Freikarten-Affäre um den Auftritt der Rolling Stones so viele Federn lassen wie die Sozialdemokraten. Vor allem gegen sie wird ermittelt, werden Anklagen erhoben. „Der Ruf ist ruiniert. Es wird hier sehr schwer für uns“, sagt ein Genosse.
Vor fünf Jahren kam die SPD in Nord auf 33,9 Prozent, ein Absturz um mehr als zehn Prozent im Vergleich zur vorigen Wahl. Jetzt scheint bereits dieser Wert reinste Utopie.
➤ Kann die CDU von der Affäre profitieren? Diese Schwäche wollen vor allem zwei Parteien ausnutzen: Da wären dieGrünen,diesichmitProjekten wie der autofreien Eppendorfer Landstraße profilieren wollen. Da wäre aber auch die CDU, die weiter für Autofahrer kämpft, sich in der „Stones“-Affäre zudem als Chefaufklärer inszeniert.
„Bezirkswahlen ticken anders als Bürgerschaftswahlen“, sagt ein Christdemokrat. Was er meint: Miese Umfragewerte auf Landesebene müssen nicht für die Bezirke gelten.
➤ Bezirkswahlen ticken anders: Das dürfte auch in Altona der Fall sein. Auch hier schicken sich CDU und Grüne an, die SPD vom Thron zu stoßen. Schon jetzt wirkt es so, als würden die Sozialdemokraten sich das kampflos gefallen lassen. Gegenwehr sieht zumindest anders aus.
Ein Beispiel? Als es im Bezirk Hamburg-Mitte plötzlich hieß, die Grünen könnten stärkste Kraft werden, fackelte die SPD nicht lange. Der Kreisvorsitzende Johannes Kahrs (SPD) mobilisierte seine Truppen, startete eine Plakat-Kampagne, Bürgergespräche & Co. „So sieht es aus, wenn jemand seine Macht verteidigen will“, heißt es anerkennend vom SPD-Teil des Senats.
➤ Kommt ein grüner Bezirkschef in Altona? Ein derartiges Aufbäumen gibt es in Altona nicht, stattdessen konnten Grüne und CDU gemeinsam ihre Pläne vom autofreien Ottensen schmieden. Ein Bündnis, das künftig den Bezirk regieren – und erstmals einem Grünen den Posten des Bezirks-Bosses verschaffen könnte. Bald nach der Wahl muss schließlich ein Nachfolger für Bezirksamtsleiterin Liane Melzer gefunden werden.
Auch Nord benötigt einen neuen Chef, auch hier schie
len die Grünen auf das Amt. Allein, ob sie das personell auch stemmen können, ist fraglich. Auch in den eigenen Reihen glauben längst nicht alle daran, dass es „genug gute Leute“für die anstehenden Herausforderungen gibt.
➤ Und wo stehen die Parteien im Hinblick auf die Bürgerschaftswahl? Seit 2015 sind die Grünen der „Junior-Partner“der SPD, inzwischen trennen die beiden Parteien nur noch wenige Prozentpunkte. Mit der dicken Freundschaft scheint es auch vorbei zu sein. Seit Monaten fremdeln die beiden Parteien, kritisieren sich nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand.
Ganz klar: Der Wahlkampf belastet das Bündnis. Wenn sich nun auch in den Bezirken die Machtverhältnisse verschieben, dürfte es bis zur Bürgerschaftswahl weitere Spannungen geben.
Neben Altona und Nord gilt auch Eimsbüttel, das traditionell eine starke grüne Wählerschaft besitzt, als Kandidat für einen Machtwechsel von Rot zu Grün.
Südlich der Elbe sieht das anders aus. In Harburg dürften auch künftig die Strukturen mit starken Sozial- und Christdemokraten bestehen bleiben, ähnlich sieht es in Bergedorf aus. Und auch in Wandsbek erwarten Experten keine großen Veränderungen. Aber wer weiß: Zu einem echten Thriller gehören schließlich auch Überraschungen.