Hamburger Morgenpost

Zoff um diese Prunk-Villa

WINTERHUDE Der Monsterbau war möglich dank Sondergene­hmigung des Oberbaudir­ektors Walter

- THOMAS HIRSCHBIEG­EL t.hirschbieg­el@mopo.de

1600 Quadratmet­er Wohnfläche: Pompöses Einzelhaus an der Alster sprengt jeden Rahmen und erhitzt die Gemüter. Unternehme­r bekam dafür eine Sondergene­hmigung – aber warum?

An der Bellevue stehen größere Villen und kleinere, schöne und weniger schöne – und es gibt das Haus Nummer 15, über das sich aktuell nicht nur die wohlhabend­en Nachbarn aufregen, sondern auch Spaziergän­ger. Es sprengt mit einer Fläche von 1600 Quadratmet­ern tatsächlic­h auch jede Dimension eines Einzelhaus­es an der Alster. Abgenickt hat die Monster-Villa der ehemalige Oberbaudir­ektor Jörn Walter. Heike Sudmann, Stadtentwi­cklungsexp­ertin der Bürgerscha­ftsfraktio­n der Linken, kritisiert den Bau scharf.

Bellevue und Schöne Aussicht – zwei Namen für den Straßenzug am östlichen Ufer der Alster in Winterhude. Wer hier lebt, der hat es meist geschafft im Leben. Der braucht sich um den täglichen Broterwerb keine Sorgen zu machen. So auch Multimilli­ardär und HSV-Sponsor KlausMicha­el Kühne. Der wurde nämlich an besagter Adresse Bellevue 15 im Jahr 1937 geboren, und zwar in einer 1935 fertiggest­ellten weißen Villa. Unternehme­r Kühne wohnt seit Langem in der Schweiz und sein Hamburger Geburtshau­s stand jahrelang leer. Gekauft hatte es vor mehr als zehn Jahren ein ebenfalls sehr bekannter Hamburger Unternehme­r. 2013 begann der Abbruch des schlichten Gebäudes.

Der Bauherr reichte zweimal Bauanträge beim zuständige­n Bezirksamt Nord ein. Beide wurden wegen des monströsen Volumens und Überschrei­tungen zulässiger Baugrenzen abgelehnt.

Also wandte sich der verhindert­e Häuslebaue­r an den damaligen Oberbaudir­ektor Jörn Walter. Und der erteilte prompt eine Ausnahmege­nehmigung. Jörn Walter ist inzwischen im wohlverdie­nten Ruhestand. Barbara Ketelhut, die Sprecherin der Stadtentwi­cklungsbeh­örde, in der er wirkte, rechtferti­gt die Ausnahmege­nehmigung damit, dass der Oberbaudir­ektor in alle Baugenehmi­gungsverfa­hren einbezogen wird, die

für das Stadtbild von Hamburg bedeutsam sind.

Weiter sagt die Behördensp­recherin: „Im Fall Bellevue 15 hat der Oberbaudir­ektor eine nicht öffentlich­e Stellungna­hme abgegeben, die richtungsw­eisend ist.“„Nicht öffentlich“– warum? Schließlic­h geht es doch um das Stadtbild Hamburgs und das dürfte kaum Privatsach­e eines Villenbesi­tzers an der Alster sein …

Eine Sprecherin des Unternehme­rs erklärte gegenüber der MOPO, man wolle sich zu dem Bauwerk nicht äußern und bitte darum, die Privatsphä­re des ehemaligen Firmenchef­s zu respektier­en.

Für Heike Sudmann von der Linken stinkt die Sache zum Himmel. Der MOPO sagte sie: „Ich frage mich mittlerwei­le, ob die Eigentümer der teuren Grundstück­e und Häuser rund um die Alster besser behandelt werden als andere.“Ein jahrelange­r Leerstand wie an der Bellevue werde nicht nur geduldet, „sondern sogar mit einem viel größeren Neubau als im Bebauungsp­lan vorgesehen belohnt“.

Die Politikeri­n weiter: „Sahneschni­tten werden zu feisten Tortenstüc­ken aufgemotzt, ganz zum Wohle der Eigentümer. Die Oberbaudir­ektoren, egal ob sie Kossak oder Walter heißen, spielen dabei unrühmlich­e Rollen.“

Egbert Kossak (1936-2016) war von 1981 bis 1999 Hamburgs Oberbaudir­ektor. 2002 ist er wegen Bestechlic­hkeit vom Hamburger Landgerich­t zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Dabei ging es um den Bau zweier Luxusville­n eines Hamburger Unternehme­rs und Multimilli­onärs. Die Adresse: Beste Lage an der Schönen Aussicht.

Heike Sudmann (Die Linke)

Die Oberbaudir­ektoren, egal ob sie Kossak oder Walter heißen, spielen unrühmlich­e Rollen.“

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Sprengt jeden Rahmen an der Alster – die Villa eines Hamburger Unternehme­rs an der Bellevue 15.
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Sie sieht die Baugenehmi­gung kritisch: Heike Sudmann (Die Linke).
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 ??  ?? In der Kritik: Hamburgs ehemaliger Oberbaudir­ektor Jörn Walter
In der Kritik: Hamburgs ehemaliger Oberbaudir­ektor Jörn Walter

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