Hamburger Morgenpost

Ist diese Decke nicht ’ne Pracht?

Wir sind zu Besuch im 400 Jahre alten „Glockenhau­s“, Sitz des Deutschen Maler- und Lackiererm­useums

- O.wunder@mopo.de

OLAF WUNDER Noch nichts vor heute? Dann ein Tipp: Fahren Sie mal raus nach Billwerder und besuchen Sie das Deutsche Maler- und Lackiererm­useum. Sie fragen sich, was es da schon Interessan­tes zu sehen geben kann? Sie werden sich wundern! Das Museum ist traumhaft gelegen in einer der schönsten Gegenden unserer Stadt. Und das Gebäude, in dem es untergebra­cht ist, verschlägt jedem Besucher die Sprache!

Vor 400 Jahren errichtete­n reiche Hamburger Kaufleute nicht an der Elbchausse­e, nicht in Blankenese und auch nicht an der Alster ihre Villen. Sondern hier draußen an der Bille: in Billwerder. Bis heute sind einige der Landsitze und Lusthäuser am Deich erhalten und Ziel vieler Ausflügler.

Das allerschön­ste Gebäude dürfte das sogenannte „Glockenhau­s“sein, seit 1984 der Sitz des Maler- und Lackiererm­useums. Das Fachwerkha­us wurde um 1600 herum erbaut und ist ein Beispiel der frühen Landhausku­ltur im Hamburger Umland. „Glockenhau­s“heißt es, weil es einen Dachreiter mit einer Uhr gibt – und eine Glocke, die sich jede Viertelstu­nde unüberhörb­ar bemerkbar macht.

Der Clou befindet sich im ersten Stock. Lassen Sie mal für einen Moment die Vitrinen mit all den Ausstellun­gsstücken außer Acht und gucken stattdesse­n nach oben: Sie sehen eine bläulich-bräunliche Bemalung. Herrliche Landschaft­smotive. „Das ist noch die originale barocke Deckenbema­lung von 1630“, sagt Museumsfüh­rer Peter Engelberg, und er gibt zu, dass er davon, dass die Bilder einen so langen Zeitraum überdauert­en, selbst immer wieder aufs Neue beeindruck­t ist.

Peter Engelberg ist 71, ehemaliger Hamburger Malermeist­er und gehört zu einem kleinen Team von Ehrenamtli­chen, das dafür sorgt, dass das Museum regelmäßig sonnabends und sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet ist. „Gar nicht so leicht, genügend Mitarbeite­r zu finden“, sagt Engelberg besorgt. „Die jungen Kollegen interessie­ren sich nicht wirklich dafür.“

Dabei können selbst Leute vom Fach hier so viel lernen! Etwa über die Ursprünge des Berufs. Wer weiß schon, dass das Maler- und Lackiererh­andwerk auf die Künstler zurückgeht, die im Mittelalte­r die Ritter- und Wappenschi­lde bemalten? In der Elbstadt Magdeburg wurde den Schilderer­n und Sattlern 1196 erstmals die Gründung einer Zunft gestattet. Sie ist damit die älteste in Deutschlan­d. Hamburgs Maler- und Lackiereri­nnung ist auch sehr alt. Sie geht auf das Jahr 1375 zurück.

Lehr- und Gesellenur­kunden, Wanderbüch­er, Meisterbri­efe und Vorlagenbü­cher sind im Museum zu finden. Außerdem wird an die vielen, teils vergessene­n Techniken erinnert, die zu diesem Beruf gehören: Denn mit dem Weißmalen von Innenräume­n ist es lange nicht getan. Vergolden, Tapezieren, Hinterglas-, Buch- und Schriftmal­erei, das Herstellen von Farben, das Imitieren von Marmor- und Holzmaseru­ngen – all das gehört zu diesem spannenden Handwerk.

Höhepunkt der Ausstellun­g ist der Silberscha­tz, der aus der Amtskette des Obermeiste­rs und aus etlichen Pokalen und Humpen besteht. Einer davon, der schlicht den Namen „Willkommen“trägt, wird noch jedes Jahr bei der Meisterfre­isprechung in der Jakobikirc­he verwendet: Alle frischgeba­ckenen Meister trinken einen Schluck Rotwein daraus – und sind damit symbolisch in die Innung aufgenomme­n.

Nehmen Sie sich zwei Stunden Zeit für das Deutsche Maler

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Ganz verliebt in die alte Barockdeck­e von 1630: Peter Engelberg (71), ein pensionier­ter Malermeist­er, ist einer der Ehrenamtli­chen, die das Deutsche Malerund Lackiererm­useum am Laufen halten.
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