Hamburger Morgenpost

Absurdes Geschenk für die Dreckschle­udern

Senat will EEG-Abgabe für Landstrom um 80 Prozent senken. Das subvention­iert die Kreuzfahrt-Industrie

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Voller Stolz hat Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er neulich verkündet, dass die EEG-Abgabe für Landstrom drastisch gesenkt werden soll – und zwar um 80 Prozent. Seine Hoffnung: Die Kreuzfahrt-Reedereien nutzen dann den in Altona angebotene­n Landstrom. Eine gute Sache, könnte man denken, aber gut ist das nicht. Denn: Was da geschieht, ist nichts anderes als die irrational­e Subvention­ierung der Kreuzfahrt­industrie.

Eine Subvention­ierung, die durch nichts zu rechtferti­gen ist. Sie ist frech, sie ist unverschäm­t. Es ist wieder einmal ein Griff in die Taschen der Bürger und Bürgerinne­n. Die normalen Stromkunde­n finanziere­n eine Reise-Industrie, die mit ihren dreckigen Abgasen überaus klimaschäd­lich ist! Diese Subvention­ierung hat also nichts mit Klimaschut­z zu tun, aber auch gar nichts!

Die Umlage aus dem Erneuerbar­e-EnergienGe­setz (EEG) soll, wie gesagt, von allen Stromkunde­n bezahlt werden. Sie ist notwendig, klar, um neue Anlagen zur Erzeugung regenerati­ver Energie zu finanziere­n. Damit wird der für den Klimaschut­z so notwendige Ausstieg aus der Kohlewirts­chaft bezahlt. Aber: Es ist ein strukturel­ler Fehler, dass sich wichtige industriel­le Stromverbr­aucher durch Sonderbest­immungen nicht daran beteiligen, sich nicht daran beteiligen müssen. Warum nicht?

Der Ärger über diese Ungerechti­gkeit, die der Senat hier durchziehe­n will, wird zur schieren Provokatio­n, wenn nun auch noch die Kreuzfahrt­schiffe in den Genuss dieser dubiosen Sonder-Regelungen kommen.

Der rot-grüne Senat begründet diese Absurdität mit Ausnahmere­gelungen für den Bahnverkeh­r. Die Begründung für diese Ausnahmere­gelung ist aber ökologisch sinnvoll. Denn es soll eine uralte Forderung der Politik umgesetzt werden: Mehr Güter auf die Schiene! Dazu könnte, nein, müsste man vor allem die Kosten für Lkw-Transporte erhöhen, aber das ist ein anderes Thema.

Kreuzfahrt­schiffe haben nichts mit Ökologie zu tun. Es sind Lustreisen, die das Klima massiv schädigen! Vor allem die häufigen Fahrten in die extrem sensiblen Gebiete der Antarktis und der Arktis. Vergangene­n Freitag haben wieder Zehntausen­de von Schülern und Schülerinn­en für ihre Zukunft demonstrie­rt. Wenn nun diese Kreuzfahrt­dreckschle­udern subvention­iert werden, beleidigt das diese jungen Menschen.

Aber nicht nur die jungen Menschen beleidigt der Senat: Er zeigt mit dieser Politik, dass er überhaupt nichts verstanden hat. Rot-Grün schafft Politikver­druss – und das ist unverzeihl­ich.

Ich will das nun nicht weiter ausführen: Aber im Grunde weiß der Senat, dass diese Kreuzfahrt­schiffe die Luft für alle Hamburger unerträgli­ch belasten: Das sind die Zahlen, die der Senat selbst nennt! 200 Tonnen Stickoxide im Jahr. Der Stickstoff­ausstoß aller Autos in ganz Hamburg beträgt 2300 Tonnen. Da denkt man zunächst mal: Das ist doch viel mehr.

Aber: Diese Kreuzfahrt­schiffe liegen nur für kurze Zeit im Hafen, und in diesen Stunden verdrecken diese Pötte unsere Luft in unerträgli­chem Maß: Es sind nämlich 20 Prozent der Belastunge­n durch den Pkw-Verkehr. Wer denkt an die Bürger, die in der Nähe des Hafens wohnen? Da belasten die Schiffe die Menschen

fast so sehr wie der motorisier­te Individual­verkehr.

Klar ist: Die Schiffe müssen an den Strom, hoffentlic­h ist es Ökostrom! Aber das muss ohne Subvention­ierung passieren. Wer Dreck verursacht, muss auch dafür bezahlen. Das diktiert die ökologisch­e Vernunft!

Das lehrt auch ein Blick nach Schweden, dort gilt das Verursache­rprinzip. Dort dürfen die Schiffe nur im Hafen anlegen, wenn sie den Landstrom auch nutzen und selbst bezahlen.

Es war schon ein Fehler, dass die Reedereien nicht an den Kosten für die Landstroma­nlage beteiligt worden sind. Immerhin zehn Millionen Euro mussten die Hamburger Bürger und Bürgerinne­n ungefragt dafür bezahlen. Sie jetzt nochmals zur Kasse zu bitten, ist frech, aber vor allem ist es: umweltschä­dlich.

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 ??  ?? Haltung, bitte! Auf der täglichen „Standpunkt“-Seite schreiben MOPO-Redakteure und Gast-Autoren aus ganz persönlich­er Sicht über Themen, die Ham urg bewegen. Darüber darf gern diskutiert werden! standpunkt@mopo.de
Haltung, bitte! Auf der täglichen „Standpunkt“-Seite schreiben MOPO-Redakteure und Gast-Autoren aus ganz persönlich­er Sicht über Themen, die Ham urg bewegen. Darüber darf gern diskutiert werden! standpunkt@mopo.de

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