Bei den Grünen: ist Rufmord!“Solidarität mit Jung-Politikern
Die Extremismus-Vorwürfe, die aus der eigenen Partei gegen zwei junge, gewählte Grünen-Abgeordnete im Bezirk Mitte erhoben werden, wiegen schwer. Jetzt stellen sich immer mehr GrünenMitglieder und Abgeordnete hinter die Beschuldigten.
„Die Vorwürfe sind nicht haltbar“, sagt Danny-Ralph Cäsar, Delegierter für Behindertenpolitik bei den Grünen. Er habe mit einem der beiden Beschuldigten zusammen Wahlkampf gemacht und kenne ihn sehr gut. „Ich sehe überhaupt keine Nähe zum Islamismus“, so Cäsar. Vielmehr sei das Ganze eine Kampagne, um andere Kandidaten als Nachrücker in die Fraktion zu kriegen. Und: Nach der Abwahl von Michael Osterburg im Wahlkreis Hamm hätten viele gemunkelt, dass der Lebenspartner von Landeschefin Anna Gallina sich dafür rächen werde. Das sei nun geschehen.
Noch deutlicher wird Nicole Kistenbrügger, die eigentlich zur Fraktion in Mitte gehört hätte, nun aber ausgeschlossen wurde, weil sie sich mit den beiden Beschuldigten solidarisch erklärte: „In meinen Augen ist das eine Racheaktion von Herrn Osterburg, weil er abgewählt wurde“, so Kistenbrügger, die den Vorgang eine „Schlammschlacht“nennt.
Sie berichtet von einer Sitzung, auf der die beiden jetzt Beschuldigten sich vorgestellt hatten. „Da gab es deutlich rassistische Bemerkungen“, sagt Kistenbrügger. Obwohl die Landeschefin, Osterburg und die Kreisvorsitzende dabei waren, habe niemand eingegriffen und die beiden jungen Männer geschützt. Kistenbrügger: „Es wurde das Gefühl vermittelt, dass Neumitglieder mit Migrationshintergrund nicht willkommen sind.“
Kistenbrügger macht sich Sorgen um die beiden Betroffenen: „Das ist Rufmord. Hier wird das Leben von zwei jungen Männern kaputt gemacht.“Auch die ebenfalls gewählte Abgeordnete Ilknur Birgül, Rechtsanwältin, die ihr Mandat nun zurückgab, betont: „Wenn derart schwere Vorwürfe erhoben werden, muss das substanziell belegt werden. Sonst ist das unhaltbar.“Und auch Meryem Celikkol, gewählte Abgeordnete in Mitte, erklärte: „Ein Verdachtsmoment so breit auszuschlachten, ohne Gespräche mit den Betroffenen geführt zu haben, das ist Rufmord!“
Die Vorwürfe seien schon im Februar erstmals aufgetaucht. „Warum werden sie erst jetzt öffentlich gemacht – bei Fraktionsbildung?“, so Celikkol. Zu den Vorwürfen selbst sagt die ExtremismusExpertin: „Der FacebookPost für Ansaar war, lange bevor die Organisation ins Visier des Verfassungsschutzes geriet. Das kann man einem Menschen nicht vorwerfen.“
Das sieht einer der beiden jungen Nachwuchspolitiker genauso. Für den 28-Jährigen aus Horn sei es damals um humanitäre Hilfe gegangen. Ansaar habe ein Schulbauprojekt in Nigeria unterstützt und Essenspakete nach Syrien geliefert. „Ich werde als Täter dargestellt, dabei bin ich das Opfer“, sagt er. Und wie reagiert die Grünen-Führung jetzt darauf ?
„Öffentliche Spekulationen sind für niemanden hilfreich“, sagt Vize-Chef Martin Bill. „Wir gehen einer Reihe sehr ernsthafter Vorwürfe nach, und das tun wir gewissenhaft und im Interesse der gesamten Partei.“