„Bis 40 kannst du Halligalli machen“
Ex-Ich+Ich-Sänger Tawil über Familienplanung – und sein neues Album
Am Freitag erscheint das dritte Solo-Album des ehemaligen Ich+Ich-Sängers Adel Tawil. Auf „Alles lebt“flirtet der 40-jährige Berliner mit jeder Menge urbanen Sounds und zeigt Haltung. Im Januar 2020 wird er das Werk live in der Barclaycard Arena vorstellen – präsentiert von der MOPO. Vorab sprach er über den schärferen Ton in Deutschland und seine Familienplanung.
MOPO: Herr Tawil, Ihre neue Platte heißt „Es lebt“. Was lebt denn alles?
Adel Tawil: Im Titelsong geht es darum, dass alles in der Welt verbunden ist und alle miteinander. Das ist für mich – gerade in diesen unruhigen Zeiten – so eine schöne positive Aussage. Denn egal, woher jemand kommt, wie er denkt, wie er liebt, wie er ist – alles ist eins. Die Pflanzenund Tierwelt natürlich miteingeschlossen.
Sie sind mittlerweile Vater geworden, was Sie im Song „Neues Ich“thematisieren.
Ja, zu Hause ist auch reichlich Leben! Wir wollten Eltern werden. Nach dem Unfall mit Halswirbelbruch im Sommer 2016 hätte ich auch den Rest meines Lebens im Rollstuhl sitzen oder tot sein können. Es ist noch mal gut gegangen, aber ich habe mich damals gefragt: „Was willst du von deinem Leben?“Mein 40. Geburtstag stand bevor, und ich hatte mir schon mit 20 gesagt: Bis 40 kannst du Halligalli machen, und dann wirst du Papa!
Und wenn Sie sich etwas vornehmen, dann klappt das auch?
Ich bin auf jeden Fall zielstrebig! Und seitdem ich Vater bin, habe ich wirklich einen Gang zurückgeschaltet – mein Motorcross-Bike hatte ich zuvor schon verkauft. Wenn ich vorher gewusst hätte, wie schön sich das Vatersein anfühlt, hätte ich wahrscheinlich heute schon fünf Kinder.
In „Wohin soll ich gehen?“geht es auch um Kinder, um Migrantenkinder.
Das Thema war mir wichtig. Ich bin in Berlin geboren, bin Sänger, liebe die deutsche Sprache. Das ist mein Land, meine Heimatstadt – ich bin ein Berliner Junge. Aber dann gab es eine Situation in Dresden: Ich war in meinem Stamm-Hotel und wollte mit meinem Hund raus. Und dann kam der Concierge zu mir und meinte: „Ja, sind Sie denn alleine heute, Herr Tawil? Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, denn heute ist Montag, und am Montag ist Pegida-Demonstration. Da kann es zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen kommen.“
Und wie haben Sie sich dabei gefühlt?
Ich dachte nur: Das ist doch nicht die Visitenkarte, die wir abgeben wollen in diesem Land! DAS INTERVIEW FÜHRTE KATJA SCHWEMMERS
➤ Adel Tawil „Alles lebt“(Okapi/BMG Rights, VÖ: 21.6.)
➤ Barclaycard Arena: 23.1.2020, 20 Uhr,55-60Euro