Hamburger Morgenpost

So viel Plastik steckt in der Elbe

Wo der Müll herkommt:

- NINA GESSNER n.gessner@mopo.de

Die Lage in den Ozeanen ist dramatisch: Riesige PlastikTep­piche wabern auf den Meeren und bedrohen nicht nur die Tierwelt, sondern auch die menschlich­e Gesundheit. Doch woher kommt das Plastik überhaupt? Das untersucht das französisc­he Forschungs­schiff „Tara“, das im Sandtorhaf­en liegt.

Mit einer Pinzette fischt Nina Luckas in einer Wasserprob­e, die sie und ihre Kollegen am Morgen aus der Elbe gezogen haben. Fünfmal sind sie rausgefahr­en, um zwischen Helgoland und der Elbphilhar­monie die Netze zu Wasser zu lassen.

Hamburg ist die zweite Station auf dem Trip durch ganz Europa, der am 23. Mai im Heimathafe­n der „Tara“im nordfranzö­sischen Lorient begann. Ein halbes Jahr lang werden die Forscher unterwegs sein, um die Flüsse Themse, Elbe, Rhein, Seine, Loire, Garonne, Tagus, Ebro, Rhone und Tiber unter die Lupe zu nehmen.

„95 Prozent des Plastiks, das wir finden, ist schon so zerrieben, dass es maximal die Größe eines Daumennage­ls hat“, erzählt Romain Troublé, Direktor der „Tara Ocean Foundation“.

Anders als in der Themse, aus der die Forscher unter anderem Zahnbürste­n und Lolli-Stiele zogen, waren die Partikel in der Elbe besonders kleinteili­g. „Das sind vor allem Kosmetikrü­ckstände“, sagt Nina Luckas und zeigt auf die Petrischal­e.

Ziel des Törns ist es, die Herkunft des Plastiks zu ergründen und daraus Lösungen für die Zukunft zu entwickeln, sagt Romain Troublé. „Wenn in Ihrem Haushalt die Wasserleit­ung leckt, dann wischen Sie nicht immer wieder das Wasser weg, sondern Sie stopfen so schnell wie möglich das Loch“, sagt Troublé. Deshalb helfe es nicht, das Plastik aus den Meeren zu fischen. „Wir müssen die Lecks stopfen!“, sagt der 42-Jährige.

Schließlic­h landen zehn Prozent aller menschlich produziert­en Abfälle in den Meeren. 80 Prozent davon stammen vom Festland. Die Flüsse spielten dabei eine große Rolle, denn sie nehmen das Regenwasse­r auf, das über verschmutz­te Straßen läuft oder die am Ufer zurückgela­ssenen Abfälle, die der Wind verteilt oder die Flut einsammelt.

Auch das DESY in Bahrenfeld ist an den Forschunge­n beteiligt. So werde dort unter anderem die Ausbreitun­g von Krankheite­n durch die Plastikflu­t untersucht. Troublé: „Die Plastikpar­tikel transporti­eren Viren, Bakterien sowie Parasiten und verteilen sie über den ganzen Globus.“Eine tödliche Gefahr, denn über die Nahrungske­tte können schlimme Krankheits­überträger auf unseren Tellern landen.

Heute fährt die „Tara“weiter nach Oslo, kommt aber am 6. und 7. Juli wieder nach Deutschlan­d – nach Flensburg.

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 ??  ?? Die Meeresbiol­oginnen Nina Luckas (27, l.) und Valérie Barbe (55) fischen in den am Morgen aus der Elbe entnommene­n Wasserprob­en nach Plastik. Oben: eine Probe mit synthetisc­hen Textilfase­rn.
Die Meeresbiol­oginnen Nina Luckas (27, l.) und Valérie Barbe (55) fischen in den am Morgen aus der Elbe entnommene­n Wasserprob­en nach Plastik. Oben: eine Probe mit synthetisc­hen Textilfase­rn.
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