Hamburger Morgenpost

EU-Richter kippen Pkw-Maut der CSU

Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer und andere Christsozi­ale stehen jetzt blamiert da

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BERLIN - Aus für die MurksMaut: Der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) in Luxemburg hat der deutschen PkwMaut am Dienstag eine Absage erteilt. Das Prestigepr­ojekt der CSU ist nach Jahren der Vorbereitu­ng gescheiter­t. Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) hadert mit dem Urteil. Plant er womöglich bald einen neuen Vorstoß für eine stärkere Nutzerfina­nzierung von Deutschlan­ds Straßen? Vor vier Monaten war Andreas

Scheuer noch optimistis­ch gewesen. Um nicht zu sagen: siegesgewi­ss. Kein Zweifel, nirgends. „Die Maut ist europarech­tskonform“, sagte der Bundesverk­ehrsminist­er. Und gab das Signal an seine Beamten, das Vorhaben mit Hochdruck voranzutre­iben.

Die Entscheidu­ng des EuGH stellt nun alles auf den Kopf. Österreich, das mit Unterstütz­ung der Niederland­e gegen die Mautpläne der Bundesrepu­blik geklagt hatte, bekommt recht. Kommando zurück. Zurück auf Los.

Die Infrastruk­turabgabe – ein Herzenspro­jekt der Christsozi­alen – liegt in Trümmern. Und nun stellen sich drängende Fragen: War es das mit den Plänen für eine Straßenben­utzungsgeb­ühr in Deutschlan­d? Welche Einnahmeau­sfälle drohen? Hat die CSU womöglich einen Plan B? „Politisch gesehen und politisch bewertet ist die Pkw-Maut in dieser Form leider vom Tisch“, räumte Scheuer gestern kleinlaut ein. Die Entscheidu­ng sei überrasche­nd und bedauerlic­h. „Aber das Urteil ist zu respektier­en und zu akzeptiere­n“, erklärt Scheuer. Bei einer Telefonkon­ferenz am Morgen habe jemand gesagt: „Das war jetzt das Elfmetersc­hießen, und es ist nicht gut ausgegange­n.“Die Richter haben nicht irgendein Minidetail der Pkw-Maut für europarech­tswidrig erklärt, sondern den Kern verworfen. Vorgesehen war, dass auch inländisch­e Autofahrer die Abgabe von je nach Hubraum maximal 130 Euro jährlich bezahlen sollten. Das Gesetzespa­ket sah jedoch eine 1:1-Kompensati­on über die KfzSteuer vor. So wollte das Bundesverk­ehrsminist­erium sicherstel­len, dass kein deutscher Fahrzeugha­lter zusätzlich belastet wird. Im Herbst kommenden Jahres sollte die Pkw-Maut kommen.

Den Zuschlag als Betreiber für die Pkw-Maut hatte bereits Ende vergangene­n Jahres ein deutsch-österreich­isches Konsortium bekommen. Was das Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs nun für die abgeschlos­senen Vereinbaru­ngen bedeutet – offen. Ob Vertragsst­rafen drohen und, wenn ja, in welcher Höhe – ebenfalls offen. Cem Özdemir (Grüne), Vorsitzend­er des Verkehrsau­sschusses im Bundestag, will den Verkehrsmi­nister bei nächster Gelegenhei­t vor das Gremium zitieren, um ihn genau dazu zu befragen: „Die Pkw-Maut der CSU ist die vielleicht teuerste Stammtisch­parole der Welt. Die Idee war Schwachsin­n, die Umsetzung Pfusch und jetzt hat der EuGH die Notbremse gezogen“, sagte er dem Redaktions­Netzwerk Deutschlan­d (RND).

Scheuer will nun eine Taskforce einsetzen, die die Konsequenz­en beraten soll. Das Urteil sei „keine Absage an die Nutzerfina­nzierung, die in rund 20 Mitgliedss­taaten gemacht wird“, gibt sich der Bundesverk­ehrsminist­er plötzlich wieder kämpferisc­h. Die Auswirkung­en für den Bundeshaus­halt 2020 will Scheuer nun klären. Und dann kommt er auf die ökologisch­e Lenkungswi­rkung von Mautsystem­en zu sprechen. „Wir werden die nächsten Wochen nutzen, um in die Zukunft zu schauen.“

Also gut möglich, dass Scheuer demnächst mit einem neuen Vorstoß überrascht. Einem mit einer stärkeren Ökokompone­nte, den er dann ins Klimakabin­ett einbringen würde. Möglich aber auch, dass er von neuen Mautmodell­en absieht, weil man damit als Verkehrsmi­nister nur den Zorn der Autofahrer auf sich ziehen würde.

Politisch gesehen und politisch bewertet ist die Pkw-Maut in dieser Form leider vom Tisch. Andreas Scheuer (CSU), Bundesverk­ehrsminist­er

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Vorerst geht gar nichts mehr: Das deutsche Modell einer Pkw-Maut fand bei den EURichtern in Luxemburg keine Gnade.
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Muss ganz neu nachdenken: Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer braucht ein neues Mautkonzep­t.

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