ABGESPALTEN
Nach Extremismus-Vorwürfen spaltet sich Gruppe ab. Wie es jetzt weitergeht
Jetzt ist die Spaltung perfekt: Die mit ExtremismusVorwürfen konfrontierten Grünen-Politiker und ihre vier Unterstützer werden morgen beim ersten Zusammentreten der neuen Bezirksversammlung in Mitte als eigene Fraktion antreten. Damit wollen sie ein deutliches Zeichen gegen das von ihnen als „Rufmord-Kampagne“bezeichnete Vorgehen ihrer Parteikollegen setzen.
Wenn die Bezirksversammlung in Mitte am Donnerstagabend zusammen tritt, wird es zwei grüne Fraktionen geben. „Über den Namen haben wir noch nicht endgültig entschieden“, sagt Nicole Kistenbrügger, die sich mit den beiden aus der Fraktion ausgeschlossenen Nachwuchspolitikern solidarisiert hat. Es könne sein, dass es einfach „Grüne eins“und „Grüne zwei“sein wird.
„Wir sind alle Parteimitglieder und werden es auch bleiben“, betont Kistenbrügger. Die Landesverfassung lasse es zu, dass eine Partei unterschiedliche Fraktionen aufstellt. „Wir haben ein gemeinsames Ziel“, so Nicole Kistenbrügger.
Zu der neuen Fraktion werden neben Kistenbrügger noch Miriam Natur, Meryem Dagmar Celikkol und die beiden von Parteikollegen des Extremismus’ beschuldigten Abgeordneten Shafi Sediqi und Fatih-Can Karismaz gehören. Als sechster hat sich nun auch Kay Dassow den Grünen Rebellen angeschlossen. Er rückt für Ilknur Birgül nach, die ihr Mandat aus terminlichen Gründen zurückgegeben hat.
Für Kistenbrügger und die anderen fünf Abspalter sind die Vorwürfe gegen ihre Parteikollegen eine gezielte „Schlammschlacht“. „An den Vorwürfen ist nichts dran. Und sie müssen rechtsstaatlich behandelt werden. Solange gilt die Unschuldsvermutung“, betont Nicole Kistenbrügger.
Wer den Vorsitz der neuen Fraktion übernehmen wird, ist hingegen noch offen. Wird es Sediqi? Oder Karismaz? Damit würde die neue Fraktion jedenfalls klare Kante zeigen. „Wir treffen uns am Abend und werden denjenigen wählen, der sich bereiterklärt“, erklärt Kistenbrügger.
Unabhängig davon könnte es jetzt bundesweit ein Novum, genauer gesagt, die erste rot-grün-grüne Koalition geben. Denn: Auch wenn die Grünen durch die Extremismus-Vorwürfe gespalten sind, dürften sie bezirkspolitisch eben doch auf einer Wellenlänge sein, sich gemeinsam für Themen wie Grünflächen- oder Radverkehrsförderung einsetzen.
Allerdings: Die Führung dieser Koalition würde die SPD mit 14 Mandaten übernehmen – und eben nicht die Grünen, die ursprünglich als einheitliche Fraktion 16 Sitze erhalten hätte. „Wir warten jetzt erstmal ab, was kommt“, sagt SPD-Fraktionschef Tobias Piekatz. Es gebe in Mitte jetzt diverse Konstellationsmöglichkeiten. „Wichtig ist aber, dass jetzt wieder Ruhe einkehrt.“
Ob das zeitnah geschieht, ist fraglich. Zu sehr ist die Grünen-Führung aktuell mit der Aufarbeitung der Vorwürfe beschäftigt. Aktuell wird diskutiert, ob GrünenAnwärter verstärkt überprüft werden sollen. „Unsere ehrenamtlichen Kreisvorstände sind bemüht, potenzielle Neumitglieder vor der Aufnahme kennenzulernen“, so Partei-Chefin Anna Gallina. Das sei aber nicht immer leistbar – und keine Garantie dafür, dass nicht irgendwann einmal Probleme auftreten könnten.