Dieser Rollstuhl fährt mit Gedankenkraft
Patienten testen die neue Technologie. Zur Anwendung im Alltag ist es aber noch ein weiter Weg
Bochum – Manouchehr Sarshar präsentiert, was er zwei Monate intensiv geübt hat: Der 46-Jährige, der seit einem Autounfall querschnittsgelähmt ist, manövriert den Rollstuhl durch einen Parcours aus Hütchen. Sein Blick ist starr, absolute Konzentration. Denn er steuert den Rollstuhl allein mit seinen Gedanken.
Sarshar gehört zu den zehn gelähmten Probanden, die derzeit an der Uniklinik Bochum in einer realitätsnahen Umgebung Rollstühle testen, die sich mit Gedankenkraft steuern lassen. Möglich ist das durch eine sogenannte Gehirn-Computer-Schnittstelle (BrainComputer-Interface, kurz BCI). Hirnaktivität lässt sich durch Vorstellungen oder Aufmerksamkeit lenken. Die hierdurch ausgelösten Veränderungen von elektrischen Hirnwellen sind mit Elektroden auf der Schädeldecke messbar und lassen sich in Befehle übersetzen.
Wenn Sarshar sich nun vorstellt, er bewege die Füße oder Hände, übersetzt der Computer diese Impulse in den Befehl, links oder rechts zu fahren. Gemessen wird die Hirnaktivität mit 32 Elektroden in einer Haube, die er wie eine Badekappe auf dem Kopf trägt.
Rollstühle mit Gedankensteuerung oder Greifarme, die mittels Hirnimplantaten zupacken können: Vor etwa zwei Jahrzehnten begannen Forscher die Sciene-Fiction-Idee von einer direkten Gedankenübertragung auf Roboter, Prothesen und Rollstühle Wirklichkeit werden zu lassen. Viele BCIs setzen dabei auf Elektroden auf der Schädeldecke, wie bei Sarshar. Vorwiegend in den USA wird auch an Methoden gearbeitet, bei denen – allerdings unter hohem Infektionsrisiko – Elektroden in oder auf das Gehirn implantiert werden.
Vier der zehn Patienten in dem Bochumer Forschungsprojekt könnten den Rollstuhl inzwischen durch einen einfachen Hindernisparcours steuern, berichtete Ramon Martínez-Olivera, Neurochirurg am Uniklinikum Bergmannsheil. Technisch unterstützt werden die Mediziner von auf dem Gebiet renommierten Ingenieuren der Technischen Hochschule in Lausanne. Profitieren sollen Menschen mit noch gravierenderen Einschränkungen wie Sarshar sie hat, der immerhin die Arme eingeschränkt nutzen kann. „Wenn ich in der Zukunft mal so jemanden auf der Straße sehe, wie er einen