Lasst uns (wieder) in der Alster baden!
Lange gab es am Schwanenwik ein Freibad. Pläne für eine Neuauflage liegen fertig in der Schublade
Das Wetter ist fantastisch. Die Temperaturen geradezu mediterran. Wie toll wäre es, wenn es jetzt eine Badeanstalt in der Außenalster gäbe. In den vergangenen Jahren gab es mehrere Anläufe, so etwas zu bauen. Einmal sah es so aus, als wäre die Sache schon durch, denn Bürgermeister Ole von Beust (CDU) war sehr dafür. Und doch ist nie was daraus geworden. Nun greift die MOPO am Sonntag die alte Idee wieder auf. Fänden auch Sie es gut, wenn am Schwanenwik eine Alster-Badeanstalt entstehen würde, so wie bis vor 70 Jahren, dann unterstützen Sie uns und schreiben eine E-Mail.
Baden in der Alster – das hat Tradition. Bereits 1793 eröffneten die Hanseaten auf der Binnenalster, ganz in der Nähe des Jungfernstiegs, eine Badeanstalt – die erste überhaupt in Deutschland. Es handelte sich dabei um ein Badeschiff. Auf einem 80 Fuß langen und 40 Fuß breiten Floß stand ein Häuschen, in dem sich die Badegäste zunächst ausziehen mussten, um dann eine Treppe hinabzusteigen in sogenannte Badekästen, die aus Latten gebaut im Wasser hingen und in die das Wasser durch seitlich angebrachte Löcher strömte. Die Gäste schwammen also nicht, sie saßen da wie in einer Badewanne.
Im Mittelalter war es noch verpönt gewesen, ein Bad im Freien zu nehmen. Die christliche Lehre hatte das Schwimmen im offenen Wasser und die damit verbundene Nacktheit als untugendhaft, unschicklich und sogar ungesund erklärt mit der Folge, dass es die Europäer jahrhundertelang vorzogen zu stinken, statt sich zu waschen.
Das änderte sich erst, als sich mit der Aufklärung im 18. Jahrhundert auch die Erkenntnis durchsetzte, dass ein Bad gut ist für die Gesundheit – und außerdem Spaß bringt. Hamburg, gelegen an Elbe, Alster und Bille, wurde zum Vorreiter der Badekultur. Zu gerne sprangen die jungen Männer und Frauen in die Fluten, und zwar so, wie der liebe Gott sie geschaffen hatte.
Doch das wilde Baden, das da um sich griff, rief Moralapostel auf den Plan. Um das Verhalten der Badegäste besser reglementieren zu können, begann Hamburg damit, öffentliche Flussbadeanstalten zu schaffen: zunächst auf der Elbe – die erste 1834 auf dem Grasbrook. Später auch auf der Außenalster. Besonders pompös: die sogenannte „Alsterlust“, die 1888 nahe der Lombardsbrücke gebaut wurde – ein Vergnügungstempel auf 813 Pfählen, der mit seinem überbordenden Luxus an römische Bäder der Antike erinnerte.
Dagegen war die Volksbadeanstalt am Schwanenwik, die bereits 1869 eröffnet wurde, etwas fürs gemeine Volk. Anfangs war sie nur für Männer zugänglich. Mit den Jahren wurde sie ausgebaut und auch ein Bereich für Frauen geschaffen. Bis in die 1940er Jahre vergnügten sich die Hamburger dort – bis der Krieg dem ein Ende machte.
Seit den 60er Jahren gibt es immer wieder die Idee, an die Tradition anzuknüpfen und ein neues Freibad am Schwanenwik zu erbauen. Die Stadt ließ diese Möglichkeit mehrfach prüfen, Architekten arbeiteten Pläne aus. Dem Büro Streb+Partner (heute Gaws Architekten) schwebte ein Naturbad vor mit Liegewiese, Badesteg und Sandstrand. Damals sagte auch der Sprecher der Umweltbehörde: „Ich halte die Idee für klasse.“Aber dann verlief die Sache
trotzdem wieder im Sande. Architekt Henning Ancker-Wiewgorra, damals daran beteiligt, die Ideen auszuarbeiten, bedauert das bis heute. Ob er noch einmal einen Anlauf unternehmen würde, die Idee zu verwirklichen? „Auf jeden Fall“, antwortete er – und zog sofort die alten Pläne wieder aus dem Archiv.
2007 preschte dann der damalige Bürgermeister
Ole von Beust (CDU) ebenfalls mit der
Idee vor, eine Alsterbadeanstalt zu bauen. Beust unterbrach sogar seinen Sommerurlaub, um die Pläne vorzustellen: Die sahen vor, fünf ausrangierte Schuten in ein riesiges künstliches Bassin zu verwandeln und mit Wasser zu füllen. Bei dieser Lösung hätte es jedenfalls keine Probleme mit der Sichttiefe gegeben. Die muss nämlich in Freibädern einen Meter betragen, was im zwar sehr sauberen, aber doch trüben Alsterwasser nicht gegeben ist.
Die Pläne von Ole von Beust kamen gut an. Auch der Oberbaudirektor gab grünes Licht. Und so berichtete im August 2007 Hamburgs Presse, dass alles klar sei: Der Traum von der Alsterbadeanstalt werde endlich Wirklichkeit. Und dann … – ist wieder nichts passiert. Schade.
Diesmal aber lassen wir uns nicht vertrösten. Deshalb sucht die MOPO nach Verbündeten: nach Architekten, die Lust haben, diesen Traum wahr werden zu lassen. Nach Bürgern, die sich der Forderung anschließen. Also: bitte melden! Wir sind überzeugt: Ist der Druck der öffentlichen Meinung groß genug, lässt sich das Projekt garantiert stemmen.
Den Preis für eine solche Alsterbadeanstalt schätzt Michael Dietel, Sprecher von Bäderland, auf wenigstens vier Millionen Euro. Aus seiner Sicht zu teuer. Er findet: „Mit dieser Summe baue ich lieber eine ganzjährig nutzbare Wasserfläche.“Außerdem gibt Dietel zu bedenken, dass im Bereich Schwanenwik auch jetzt schon schwer Parkplätze zu finden sind.
Ähnlich skeptisch äußert sich die Umweltbehörde, die darauf verweist, dass es 15 offizielle Badegewässer in Hamburg gibt. Eine Badeanstalt auf der Außenalster zu bauen, wäre problematisch: Auf der Alster werde gesegelt, es gebe Schiffsverkehr, außerdem müsse die Brutzeit der Wasservögel berücksichtigt werden.
Trotzdem sind wir der Meinung: Kluge Architekten finden auch für diese Probleme eine Lösung. Und was sind vier Millionen Euro im Vergleich etwa zu den 866 Millionen Euro, die uns die Elbphilharmonie gekostet hat? Die Außenalster vor Schwanenwik ist die mit Abstand schönste Wasserfläche der Stadt. Einen schöneren Ort für ein Freibad gibt es nicht.